Versöhnungskirche lädt Mitglieder ein, ihr ehrlich die Meinung zu sagen

Harthof · Die Kirche will’s wissen

Sabine Dorow und Anja Staffehl vom Öffentlichkeitsausschuss der Versöhnungskirche zeigen zusammen mit Pfarrer Hans M. Schroeder den von ihnen ausgearbeiteten Fragebogen.	Foto: em

Sabine Dorow und Anja Staffehl vom Öffentlichkeitsausschuss der Versöhnungskirche zeigen zusammen mit Pfarrer Hans M. Schroeder den von ihnen ausgearbeiteten Fragebogen. Foto: em

Harthof · Karl Marx ist angekommen in der Versöhnungskirche. Zumindest seine Feststellung, dass das Sein das Bewusstsein prägt. Auch. Und somit das Leben auch den Glauben formen kann. Anders gesagt: Die Versöhnungskirche will von ihren 2.600 Gemeindemitgliedern wissen, wie sie sich ihre Kirche vorstellen.

Etwa 500 Menschen der Gemeinde nutzen regelmäßig einige oder mehrere der vielfältigen Angebote, die die Versöhnungskirche macht. Von Gottesdienst bis Kirchenküche. Die Frage ist, warum die anderen 2.100 auch zur Gemeinde gehören, aber nicht daran teilnehmen. Die Antworten erhoffen sich Kirchenvorstand und Pfarrer aus dem Rücklauf der Fragebögen, die sie in diesem Monat an alle Gemeindemitglieder ab sechs Jahren geschickt haben.

Angst, dass sie ganz austreten könnten? Sabine Dorow, seit zwei Jahren Mitglied des Kirchenvorstands und eine der Initiatorinnen der Aktion, erklärt mit Nachdruck: »Nein, dies ist kein Hilferuf!« Durch Zuzüge, zum Beispiel an der Nordheide, seien die Mitgliederzahlen stabil, in der Tendenz sogar eher leicht steigend. Doch es gehe eben nicht um Zahlen, sondern um die Menschen dahinter. »Die Frage ist: ›Wo können wir näher sein?‹«, sagt Dorow. Und fängt an zu erzählen. Über 60 Menschen haben bisher schon geantwortet. Ehrlich, dankbar, kreativ, aber auch voller Wut. »Einer macht der Kirche übelste Vorwürfe und erklärt uns, wie unwichtig wir für ihn seien. Aber dafür schreibt er ein ganzes ›Pamphlet‹. Und gibt dann noch Geld fürs Porto aus. Also denke ich mir, so egal kann Kirche ihm doch nicht sein. Das berührt mich sehr. Wir werden das aufgreifen, vielleicht in einer öffentlichen Diskussion.« Doch die meisten Antworten sehen bis jetzt ganz anders aus: »Gestern erst haben wir wieder welche aus der Post geholt. Bei einem habe ich geheult.« Ein schwer erkrankter Mann erzählt darin, wie gerne er selbst aktiv würde in der Gemeinde, dies aber aus gesundheitlichen Gründen nicht kann. Denn auch danach fragt die Kirche: Ob man selbst etwas anzubieten hat an Fähigkeiten und Ideen. Denn: »Es gibt dem Leben Sinn, mitzumachen in der Gemeinschaft«, da sind sich die beiden Mit-Initiatorinnen Sabine Dorow und Anja Staffehl einig und berichten, dass sie es selbst so erlebt haben. Dorow: »Ich lebe seit 16 Jahren hier. 14 Jahre lang kannte ich niemanden, wenn ich in den Supermarkt um die Ecke ging. Seit zwei Jahren engagiere ich mich nun neben meinem Vollzeitjob im Außendienst einer Einzelhandelskette in der Gemeinde – und mittlerweile treffe ich selbst bei einem Bummel durchs Mira immer ein bekanntes Gesicht. Seitdem bin ich erst richtig angekommen hier.« Kirche also als »Dienstleistungszentrum«? Was ist mit der Glaubenslehre? »Ganz tief in sich drin glaubt jeder Mensch an irgend etwas, davon bin ich überzeugt. Ich selbst bin auch über das, was ich hier erlebe, erst tiefer gläubig geworden. Entspannter, dass schon alles seinen Sinn hat. Wenn der Weg also erst über das Handeln geht, ist das doch auch recht.« Klingt nach einem Hauch von Marx, undogmatisch und unverkrampft. Noch ist übrigens Zeit, der Versöhnungskirche mal die Meinung zu sagen. Anonym und offen. Und dann vielleicht am 19. Oktober auch mal reinzuschauen. Denn nach dem 10-Uhr-Gottesdienst möchten die Aktiven ab 11 Uhr über die abgegebenen Antworten diskutieren. Und danach umsetzen, was möglich ist. Eva Mäkler

Artikel vom 23.09.2008
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