Anwohner stört die morgendliche Verteilaktion

Giesing · Neuer Standort für Essenshilfe gesucht

Martin Löwenberg (l.) und Horst Schäfer vom Essenshilfe e.V. plagen derzeit mit Blick auf die Zukunft des Vereins existenzielle Nöte. Foto: Hettich

Martin Löwenberg (l.) und Horst Schäfer vom Essenshilfe e.V. plagen derzeit mit Blick auf die Zukunft des Vereins existenzielle Nöte. Foto: Hettich

Giesing · Eine Warenstellage mit Gemüse, darüber Salat, Obst und Gebäck sowie reichlich Abgepacktes – kein Besuch beim Lebensmitteldiscounter ist dies, sondern Ortsbeschau in einer schlichten Doppelgarage an der Weißenseestraße im Herzen Obergiesings. Horst Schäfer heißt der Mann, der hier mit derzeit acht eifrigen Helfern an sechs Tagen in der Woche, bei Wind und Wetter und während des gesamten Jahres Lebensmittel an bedürftige Menschen verteilt – Hartz-IV-Empfänger sind hier vertreten, aber auch ältere Menschen mit allzu knappen Renten oder Familien und Alleinerziehende mit ganz niedrigen Einkommen.

Um diesen Menschen zu helfen, haben Schäfer und seine Mitstreiter vor mehr als einem Jahrzehnt den Verein Essenshilfe e.V. gegründet (wir berichteten). »Es ist großer Bedarf an dieser Unterstützungsleistung gegeben«, weiß der umtriebige Macher. Rund 500 Bedürftige, die ihre materielle Not auch amtlich nachweisen können, versorgen die Mitstreiter des Vereins – diese Ehrenamtlichen sind Handwerker, Bäcker, Zahnarzt, Pensionär oder Verwaltungsangestellter und opfern für den christlichen Dienst am Nächsten sehr viel Freizeit und Energie. So weit, so gut. Doch nach vielen Jahren ungestörten Nebeneinanders mit der örtlichen Wohnbevölkerung soll die Essenshilfe jetzt ausziehen müssen. Grund laut Schäfer: »Einer Handvoll Awohnern ist die morgendliche Verköstigung der notleidenden Menschen schlicht zu laut!« Sein Mitstreiter Martin Löwenberg bekräftigt, »seit etwa einem halben Jahr« gebe es regelmäßig »Anfeindungen von einigen wenigen«.

Der Pensionär betont, »mit der übergroßen Mehrzahl der Anwohner« komme man »nach wie vor bestens aus« - ja, so mancher wie der türkische Nachbar stelle für die Waren sogar seine Garage kostenfrei zur Verfügung. Doch die örtliche Hausverwaltung fürchtet offensichtlich jetzt um den Frieden in der Wohnanlage. Schäfer und Co. wurde jedenfalls unmissverständlich klar gemacht, man müsse die angestammten Garageneinheiten in der Weißenseestraße demnächst verlassen. »Man will hier ganz offensichtlich keine Vergabestelle für die Ärmsten der Armen mehr«, so Schäfer und Lichtenberg betroffen.

Alternativen bergen Probleme

Immerhin jedoch hat die Hausverwaltung hier kein Exempel gegen soziales Engagement statuiert. Die Essenshilfe soll alternative Räume bekommen. Doch bei der Auswahl der potentiellen neuen Heimstätten sehen die Organisatoren Probleme. Zwar freut sich Lichtenberg, dass die Hausverwaltung die neuen Räume »kostenfrei« zur Verfügung stellen wolle – doch die beiden ins Auge gefassten Anwesen an der Pöllatstraße 6 und 10 bergen Probleme: sei es an der Pöllatstraße 6 die zu steile Rampe hinab zum lichtlosen Kellerraum, die laut Löwenberg »gerade im Winterhalbjahr für ältere und behinderte Menschen schier unüberwindbar und unfallträchtig ist«. Oder sei es dort die zu enge Einfahrt für den Liefer-LKW Schäfers – die zudem kein Parkverbotsschild aufweise und deren Befahrbarkeit angesichts hohen Parkdrucks vor Ort so kaum gesichert erscheint. »Hier müsste erst eine Beschilderung her und auch der Randstein abgesenkt werden«, so Schäfer kritisch. An der Pöllatstraße 10 scheinen zudem derzeit die Mietverhältnisse mit dem neuen Hauptmieter noch nicht abschließend geklärt.

Derzeit wisse laut Löwenberg auch bei der Stadt »niemand, wie viel Platz wir dort überhaupt hätten« – und vor allem »zu welchem Preis!« »Am liebsten« würden die aufopferungsvollen Helfer ohnehin am alten Standort verbleiben – und appellieren händeringend an die soziale Ader »aller Anwohner«. Zudem sorgen Schäfer und seine Mitarbeiter nach eigener Aussage beim allmorgendlichen Verteilen ohnehin »ohne Unterlass für Ruhe unter den wartenden Essensempfängern«. Doch die sozialen Strukturen vor Ort haben sich laut Löwenberg in den letzten Jahren innerhalb der Siedlung »eben deutlich verändert«. »Während früher hier viele Bewohner selbst der Essenshilfe bedurft hätten, wohnen hier heute auch viele besser Verdienende« – welche die Reize des Viertels erkannt hätten. Sollte man den seit Jahren angestammten Verteilort verlassen müssen, hoffen Lichtenberg und Schäfer »auf weitere Alternativstandortangebote«. Gespächsbereitschaft hatte die Hausverwaltung in der Vergangenheit auch immer wieder signalisiert.

Zudem will sich der Vereinsvorstand auch noch an den örtlichen Bezirksausschuss wenden. Bleibt zu hoffen, dass dann auch die gesetzte Frist über die Annahme der bislang unterbreiteten Standortangebote am 30. September ohne Bedeutung bleibt.

H. Hettich

Artikel vom 10.09.2008
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