Albrecht Ackerland über Mini-München

München - „Da schau her“

Wir lieben unsere Stadt. Sie auch – davon gehe ich jetzt einfach mal aus. Gibt ja auch Gründe genug, und viele von ihnen finden Sie an dieser Stelle. Auch gibt es immer wieder Anlass, sich aufzuregen über manchen Schmarrn, der in München passiert. Das muss sein, macht Spaß – und gehört eben auch zum Wesen von uns Münchnern.

Wenn jemand behauptet, der Grant sei eine Erfindung für Touristen, dann irrt er. Granteln ist hohe Kunst!

Ganz und gar nicht grantig macht mich dieser August in der Stadt. Dafür bin ich ein bisserl wehmütig. In diesen Tagen wäre ich einfach wieder zu gerne Kind. Das Kind von Eltern, die nicht in Urlaub fahren, vielleicht sogar meinetwegen, damit ich mein Mini-München nicht verpasse. Gibt’s ja schließlich nur alle zwei Jahre – eine lange Zeit für einen Kleinen. Es wären meine ganz großen Wochen. Ich würde viel lernen, ohne dass mich ein unfähiger Lehrer dazu zwingt, ich würde alles ausprobieren, was mich schon immer interessiert hat – einmal abgesehen von gefährlichen kleinen Sprengsätzen aus dem Chemiebaukasten.

Die allerdings habe ich damals als Kind tatsächlich auch gebaut. Dem Himmel sei Dank – es ist nichts passiert. Und unter uns: So normal das vielleicht für einen Zwölfjährigen ist, ein eigentlich pädagogisch wertvolles Lern-Spielzeug wie eben einen solchen Chemiekasten für Dinge zu benutzen, für die er nicht gedacht ist, so wenig hat’s mir aus heutiger Sicht gebracht. Ich habe einfach nicht das Verlangen, etwas in die Luft zu sprengen.

Dafür hätte ich gern einmal gelernt, wie es so ist als Taxifahrer, als Stadtrat, als Zeitungsmacher, der keine Krise kennt, weil das Frischgedruckte jeden Abend aufs Neue binnen Minuten ausverkauft ist. Ich wäre für einen Tag Handwerker gewesen und vielleicht sogar Polizist. Zwar wäre ich vielleicht nicht ganz so gerne in der Arbeitsamtschlange gestanden, aber auch diese Erfahrung hätte nun wirklich nicht geschadet. All das geht in Mini-München, dieser wunderbaren Spielstadt im Olympiapark mit dem besten aller erzieherischen Konzepte: Die Kinder dürfen das machen, was sie machen. Betreuung? So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Ein Graus vielleicht für manchen Erzieher der alten Schule mit ledernen Ärmelschonern am Jackett, ein Traum für jeden jungen Menschen, der das Leben kennen lernen und vor allem: ernstgenommen werden will.

So, genau so, und mit Helfern, denen man nicht genug danken kann, werden aus Kindern Menschen, die das Leben kennen und schätzen. Und die ihre Stadt ganz besonders lieben.

Artikel vom 14.08.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...