Psychosozialer Wohnverbund stellt letzten Baustein vor

Haar · Erfolgreiches Wohnkonzept

Das Führungs-Team des Psychosozialen Wohnverbunds. Foto: Rammelsberger

Das Führungs-Team des Psychosozialen Wohnverbunds. Foto: Rammelsberger

Haar · Viele Haarer hatten vor fast zwei Jahren neugierig auf das Grundstück an der Wasserburger Straße 1 geschaut: Wo sich einst zentral in der Gemeinde ein stattliches Haus am Ende einer langen Einfahrt erhob, wurde ein nicht minder großes Gebäude errichtet. Die Nutzung war lange ein Hin und Her: Man sprach von einer Investmentfonds-Firma, einem Hotel, schließlich von einer Frühstückspension.

Und dann war plötzlich klar: Hier sollen Menschen mit chronisch verlaufenden Psychosen in einem Wohnverbund leben können. Im April 2007 wurde das Haus mit 41 Bewohnern belegt. Kürzlich nun lud der Träger, die Bayerische Gesellschaft für psychische Gesundheit e.V., die Nachbarn ein, um sich in der Einrichtung umzusehen, was mit großem Interesse angenommen wurde.

»Unser Verein ist seit 1971 bemüht, psychiatrische Versorgungslücken zu schließen«, erklärt Rüdiger Strunk, einer der Leiter des psychosozialen Wohnverbunds. Die Einrichtung hier sei der letzte Baustein des Konzeptes, das bereits seit 1999 in und um Haar entsteht: Man möchte chronisch psychisch erkrankten Menschen eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglichen und dabei durch intensive Betreuung in Wohngemeinschaften (WG) die ständigen stationären Aufenthalte vermeiden. Schließlich ist die Verweildauer in den Kliniken sehr kurz angesetzt und eine ganze Reihe an Patienten entwickeln sich dadurch zu so genannten »Drehtür-Patienten«, die kaum entlassen erneut im Krankenhaus landen. Genau hier greift die Bayerische Gesellschaft für psychische Gesundheit e.V. ein: Sie bieten den Rahmen und die Zeit für solche Menschen, innerhalb der betreuten Wohneinrichtungen ins Leben zurückzufinden.

Das geschieht in drei Stufen: 18 Monate lange leben sie in einer intensiv betreuten stationären Übergangseinrichtung, eben so lange schließt sich Stufe 2 an, in der die Betreuung bereits etwas gelockert wird. Am Ende können die Patienten unbefristet in einer sozialtherapeutischen WG leben. »Unsere Patienten haben im Durchschnitt bislang 144 Tage in der Klinik verbracht«, sagt Strunk. Der Bedarf für diese Wohnformen ist groß. »Wir sind immer voll belegt und haben derzeit 85 Anmeldungen«, erklärt Strunk, der mit seinem Verein sehr eng mit dem Klinikum Ost der Isar-Amper-Kliniken zusammen arbeitet.

Die Akzeptanz in Haar für solche Einrichtungen sei sehr gut, freut er sich, während er durch die Stockwerke geht und Einblick in die verschiedenen, recht heimelig anmutenden Gemeinschaftsräume gewährt. Schon 1999 wurde in der Wasserburger Straße 37a das erste Haus nach diesem Konzept eröffnet, 2003 folgte ein Haus in der Ludwig-van-Beethoven-Straße und 2006 bezog der Verein ein Haus in Grasbrunn. Insgesamt 69 Bewohner finden hier ein Zuhause.

Auch für Arbeitsplätze ist gesorgt: Im Rahmen der Arbeitstherapie des Klinikums Ost können die Bewohner ihren Tag strukturieren. Und der Erfolg gibt dem Verein Recht: Die Bewohner in der letzten Stufe des Wohnverbundes kommen praktisch komplett ohne stationäre Behandlungen aus.

C. Erl

Artikel vom 30.07.2008
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