Clearinghaus positiv bewertet, Bürgerinitiative bleibt aber skeptisch

Trudering · Befürchtungen bleiben bestehen

Ein Vorzeigeobjekt und trotzdem unerwünscht: Das Clearinghaus im Drosselweg. Foto: Tränkel

Ein Vorzeigeobjekt und trotzdem unerwünscht: Das Clearinghaus im Drosselweg. Foto: Tränkel

Trudering · Ob sie ihre Geschichte erzählen möchte? »Sicher doch«, meinte die junge Frau in ihrer blauen Jogginghose und zieht sorgsam die Tür hinter sich zu, um keinen Blick zu gewähren. Ihren Namen will sie nicht nennen. Eigentlich ist es auch egal. Denn mögen auch die Umstände unterschiedlich sein, eines haben die Geschichten der Menschen in diesem Haus alle gemeinsam: sie enden mit der Aufnahme im Clearinghaus im Drosselweg, das vor knapp einem halben Jahr in Betrieb genommen wurde.

Dreißig Jahre habe sie in ihrer alten Wohnung in der Winzererstraße gelebt, berichtet die Frau, die aus Franken stammt. Dann sei das Haus im Dezember verkauft worden, um die Kernsanierung durchzuführen. Auf dem freien Markt habe sie nichts bekommen, denn in München herrsche Mietwucher, klagt sie: »Für ein Appartement muss man bis 1000 Euro bezahlen«. Zu viel für die arbeitslose 40-Jährige, die nach ihren Angaben Ernährungswissenschaft studiert hat und – weil überqualifiziert – keine Arbeit mehr findet. Wie es weiter geht? Sie zuckt die Schultern.

Doch der Aufenthalt der Frau mit ihren zwei Katzen ist zeitlich sehr begrenzt. »Drei bis maximal sechs Monate können die Bewohner hier bleiben«, so Marion Bär vom Amt für Wohnen und Migration, die als Hausverwaltung ein Büro im Clearinghaus unterhält. Zwei sozialpädagogische Fachkräfte gibt es noch und eine Erzieherin. Innerhalb der drei Monate müsse man die Ursachen, die zur Wohnungslosigkeit geführt haben, klären und einen Anschlusswohnraum finden – idealer Weise eine eigene Wohnung, im schlimmsten Fall ist es die weitere Unterbringung in einem der sieben Notquartiere, die die Stadt unterhält.

Dass es überhaupt so weit gekommen ist, habe verschiedene Gründe: Sucht, Arbeitslosigkeit und einfach »die Augen zu gemacht«. Für die meisten sei die Räumung ein Schock. »Hier im Clearinghaus haben sie die Gelegenheit sich kurz zu berappeln«, sagt Bär. So hat die junge Frau Glück gehabt, denn der Raum im Clearinghaus ist limitiert. 26 Wohnungen, in denen bis zu 56 Personen aufgenommen werden können, stehen zur Verfügung. Für Familien können auch zwei Ein-Zimmer-Wohnungen zusammengelegt werden.

Alle sind sie wegen des Bahnlärms Richtung Straße angelegt. Lange Gänge führen durch das Gebäude, überdacht vom sonnighellen Glasdach. Rund 380 Euro inclusive der Nebenkosten kostet ein Appartement. Die großen Wohnungen schlagen mit bis zu 1.060 Euro zu Buche. Inzwischen sind alle Wohnungen mit 47 Personen belegt, ein Drittel von ihnen sind Kinder, so Bär. Für die gebe es Angebote.

Die Kindergruppe vom nahegelegenen Familienzentrum habe man umgelegt und diese sei »gut angenommen«, so der Bericht von Almut Haneberg vom Familienzentrum. Eine Malgruppe und ein Bewohner-Café soll die Integration fördern und »dem Ganzen die Schärfe zu nehmen«. Denn es habe im Vorfeld mächtig Turbulenzen um den Bau des Clearinghauses gegeben, so der Bericht der Fachkräfte. Bär versichert, dass es jedoch keine nachbarschaftlichen Probleme oder Beschwerden gebe und eigentlich müssten sich die Nachbarn doch freuen, weil das Gebäude gut aussehe und auch als Schallschutz vor der Bahn diene, sagt sie.

Einhellig bestätigen die Nachbarn dieses. Es sei nur etwas lauter als früher, sagt Ottmar Weiss, Mitglied der Bürgerinitiative. Es sei ein Vorzeigeobjekt und sicher derzeit gut geführt. Ob das in Zukunft so bleibt, bezweifelt er aber und vor allem, welches Klientel künftig da eingebracht würde. Es seien viele alleinstehende Männer und da sei man sich nicht sicher, ob das nicht auch Sexualstraftäter und Knastbrüder seien. »Wir wollen keine Drogenabhängigen und Säufer vor der Tür«.

Ganz schlecht findet die Familie, dass kein Hausmeister vor Ort ist. Auch das Thema Parken habe die Stadt nicht richtig eingeschätzt. Denn es gebe weder Garagen noch Parkplätze und nun stünden die Autos auf der Straße. Und mit der Integration ist es nach Ansicht der Nachbarn auch nicht weit gekommen. So hat Frau Weiss beobachtet, dass die Mütter sich mit ihren Kindern zurück ziehen, wenn die Gruppe vom Familienzentrum kommt. »Da gibt es keine Integration!«.

Petra Tränkel

Artikel vom 24.07.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...