EHC-Manager Christian Winkler über neue Spieler und den „Cortina-Effekt“

„Keiner arbeitet härter als wir“

Ein hungriger Kader und ein hungriger Trainer: Winkler glaubt an den Erfolg des EHC. Foto: JL

Ein hungriger Kader und ein hungriger Trainer: Winkler glaubt an den Erfolg des EHC. Foto: JL

Die kommende Spielzeit soll für den EHC München deutlich erfolgreicher verlaufen als die vergangene. Das könnte auch klappen: Immerhin führt Erfolgscoach Pat Cortina die Mannschaft erstmals in eine neue Saison, bislang war der Italo-Kanadier zweimal während der Spielzeit als Feuerwehrmann eingesprungen. Gemeinsam mit Manager Christian Winkler hat der Coach in den letzten Monaten am neuen EHC-Kader gebastelt. Winkler spricht im Interview mit den Münchner Wochenanzeigern über neue Spieler, neue Ziele und natürlich den „Cortina-Effekt“.

Münchner Wochenanzeiger: Herr Winkler, es ist eishockeyfreie Zeit, der Kader des EHC München steht größtenteils. Lassen Sie derzeit den Herrgott manchmal einen guten Mann sein?

Winkler: Es ist trotzdem genug Arbeit zu tun, gerade aufgrund der letzten Saison. Wir müssen jeden Stein umdrehen. Zum Beispiel werden momentan die Spielerkabinen renoviert. Aber es ist schon richtig: Die Kaderplanung war die Hauptarbeit. Jetzt ist schon mal Zeit, um zwischendurch durchzuatmen.

Münchner Wochenanzeiger: Ist die Kaderplanung denn wirklich komplett abgeschlossen?

Winkler: Man weiß nie, was passiert. Aber wir sind so aufgestellt, dass wir in die neue Saison gehen können.

Münchner Wochenanzeiger: Wie sah Ihre Arbeit in den letzten Monaten detailliert aus?

Winkler: Wir haben die letzte Saison abgeschlossen und dann diskutiert, was wir wollen. Wir haben analysiert, was nicht gepasst hat. Und so haben wir uns klare Vorstellungen gemacht. Dann kamen natürlich tausende von Angeboten von Beratern.

Münchner Wochenanzeiger: Im Eishockey hat auch mittlerweile jeder Spieler einen Berater?

Winkler: Ja. Da mussten wir dann natürlich kräftig aussortieren. Wir wollten Spieler, die die Liga kennen, nachdem wir im letzten Jahr etwas Pech mit den Kontingentspielern hatten. Die Kaderzusammenstellung ist wie ein Puzzle. Und die Teile für dieses Puzzle sollten bei uns ganz klar hungrig sein und etwas erreichen wollen.

Münchner Wochenanzeiger: Einer der Kontingentspieler ist weiterhin Mike Kompon. Wie wichtig ist sein Verbleib?

Winkler: Wir wollten Mike unbedingt halten. Die Verhandlungen haben sich lange hingezogen, aber am Ende hat sich das Warten gelohnt.

Münchner Wochenanzeiger: Weg ist hingegen ein anderer Topstürmer: Brent Robinson. Wer soll ihn ersetzen?

Winkler: Für seine Position haben wir David Wrigley verpflichtet. Er ist ein ganz starker Mann. Das hat er auch schon in der DEL gezeigt. Es waren viele Klubs an seiner Verpflichtung interessiert, letztendlich hat für uns den Ausschlag gegeben, dass er bei uns für eine Führungsrolle vorgesehen ist. Wichtig werden aber auch andere neue Spieler. Dylan Gyori ist ein ganz starker Mann, auch Dave Reid kennt die Liga. Wir wissen, was er kann.

Münchner Wochenanzeiger: Es ist Ihnen auch gelungen, einen großen Namen nach München zu holen. Mark Heatley ist der Bruder des NHL-Stars Dan Heatley. War das der größte Transfercoup?

Winkler: Das muss man abwarten. Wir wollen Mark nicht unter Druck setzten. Das wäre unfair. Er ist ein sehr talentierter Spieler, der jetzt unter Pat Cortina eine gute Basis hat, sich weiterzuentwickeln.

Münchner Wochenanzeiger: Heatley wird mit 23 Jahren eher zur jungen Garde zählen, einen anderen Neuzugang kann man fast als „Opi“ des Teams bezeichnen. Hat Niklas Hede mit 39 Jahren noch das Zeug dazu, dem EHC weiterzuhelfen?

Winkler: Dass wir ihn bekommen haben, war extrem wichtig. Er ist läuferisch mit das Beste, was die Liga zu bieten hat. Und er ist eine Vaterfigur. Sowas hat uns in der letzten Saison gefehlt. Man kann sogar sagen: All diese Spieler sind Puzzleteile, die uns letztes Jahr gefehlt haben.

Münchner Wochenanzeiger: Wird mit der neuen Mannschaft jetzt alles besser?

Winkler: Wir sind jedenfalls überzeugt davon, einen starken Kader zu besitzen. Aber auf dem Papier hat es schon viele gute Teams gegeben. Wie gut wir sind, wird erst die Praxis zeigen. Wichtig ist, dass wir nun von Anfang an wissen, dass wir mit einem absoluten Toptrainer in die Saison gehen. Diesmal kommt Pat Cortina nicht als Feuerwehrmann. Es wird definitiv kein Team in der Liga geben, dass härter arbeitet als wir. Denn Pat arbeitet immer selbst am härtesten. Wir sind überzeugt, dass diese Mischung passt. Hungriger Kader und hungriger Trainer.

Münchner Wochenanzeiger: Besonders hungrig scheint auch der neue Torhüter Peter Holmgren zu sein. Wird er gleich die Nummer eins?

Winkler: Nein. Joey Vollmer ist zunächst gesetzt. Und auch Jochen Reimer, der eine Förderlizenz bei uns besitzt, soll seine Einsätze bekommen. Aber wir haben bei Holmgren das Gefühl, dass er heiß und hungrig ist. Er soll Feuer machen. Wir haben ihm zu verstehen gegeben, dass auch er seine Chancen bekommt, wenn er gut arbeitet. Aus Dänemark, wo er ebenfalls nur Ersatzkeeper war, haben wir gehört, dass er immer voll im Team steht und keinen Stunk macht.

Münchner Wochenanzeiger: Wird das leidige Thema Torwartproblem, das in der abgelaufenen Saison immer wieder thematisiert wurde, nun endlich abgeschlossen?

Winkler: Ich bin immer noch überzeugt, dass wir mit Joey Vollmer und Hardi Wild das beste Torhütertandem der 2. Liga besessen haben. Letzte Saison lief es aber nicht rund. Wild war lange verletzt und hatte danach keinen Lauf mehr. Vielleicht tut es Joey Vollmer gut, jetzt zu wissen, dass er die Nummer eins ist. Zu Saisonende hat er ja überragend gehalten. Aber er hat keinen Persilschein. Er muss mit dem Druck klarkommen.

Münchner Wochenanzeiger: Wichtig wird auch sein, die Fans nach den vielen Aufs und Abs des letzten Jahres zu versöhnen. Dafür sind Typen wie Elvis Beslagic wichtig, der nach seinem Wechsel schnell zum Publikumsliebling wurde. Kann das einer von den Neuen ähnlich bald schaffen?

Winkler: Wir wollen niemanden unter Druck setzen. Elvis ist einfach ein fannaher Spieler, der eine tragende Rolle bei uns hat. Er liebt das Entertainment. Es gibt sicherlich einige, die das Zeug zum Publikumsliebling haben. Sind wir erfolgreich, wird es noch leichter. Aber ich denke, dass die Fans trotz der schwierigen Saison einen versöhnlichen Abschluss bekommen haben.

Münchner Wochenanzeiger: Ist Beslagic einer der Kandidaten auf das Kapitänsamt, jetzt wo Gordon Borberg weg ist?

Winkler: Wir lassen uns auch bei dieser Entscheidung Zeit. Pat hat klare Vorstellungen. Der Kapitän muss sein verlängerter Arm auf dem Eis sein.

Münchner Wochenanzeiger: Also wird es Mike Kompon, mit dem er während eines Spiels ständig die Kommunikation sucht?

Winkler: Mike ist eher der stille Typ. Und wir sind uns einig, dass ein Kapitän gut Deutsch sprechen muss. Mike Kompon ist ein wichtiger Führungsspieler, aber Kapitän wird er nicht.

Münchner Wochenanzeiger: Neben den vielen neuen Spielern warten auch neue Gegner in der Liga. Wie schätzen Sie die, insbesondere Bad Tölz, ein?

Winkler: Die Liga ist noch enger zusammengerückt. Es gibt keine Übermannschaft mehr, nur vier, fünf Favoriten. Bietigheim etwa, oder Schwenningen. Dahinter ist alles offen. Es wird mit Sicherheit bis zum Ende spannend bleiben. Dass Tölz aufgestiegen ist, ist schön. Das ist eine Eishockey-Hochburg. Sie haben erfahrene Spieler und es herrscht eine unglaubliche Euphorie. Ich traue dem Verein als Aufsteiger sogar die Rolle zu, die Riessersee letzte Saison gespielt hat.

Münchner Wochenanzeiger: Ist es im Kampf um Sponsoren nicht ein Nachteil, wenn Teams aus der Umgebung aufsteigen?

Winkler: Nein. Im Endeffekt wünscht man sich die Derbys. Und Bad Tölz nimmt uns keinen Sponsor weg, da hat jeder sozusagen sein eigenes Revier.

Münchner Wochenanzeiger: Werden denn noch neue Sponsoren für den EHC gesucht?

Winkler: Man kann nie genug Sponsoren haben. Aber hier wurde und wird gute Arbeit geleistet. Da hat sich einiges getan innerhalb des Vereins. Letztes Jahr waren wir ja spät dran, da hat Präsident Jürgen Bochanski mit seiner akribischen Arbeit den Verein gerettet. Jetzt hatten wir mehr Planungssicherheit und weniger Zeitdruck.

Münchner Wochenanzeiger: Wie sieht die weitere Arbeit bis zum Saisonstart aus?

Winkler: Es stehen noch Kleinigkeiten an. Wie ich schon erwähnt habe, werden die Kabinen renoviert. Und wir sind auf Wohnungssuche für die neuen Spieler. Sie sollen kommen und sich wohlfühlen. Wir wollen keine Ausreden anbieten. Nur so können wir erfolgreich werden.

Münchner Wochenanzeiger: Am 21. August geht es mit dem Testspiel gegen die Seibu Prince Rabbits endlich wieder los. Wie groß ist bei Ihnen die Vorfreude?

Winkler: Es kribbelt schon. Dafür haben wir den ganzen Sommer gearbeitet. Und gerade die vielen neuen Spieler, die will man auch endlich mal in Aktion sehen.

Münchner Wochenanzeiger: Mit welchen Zielen gehen Sie in die Saison?

Winkler: Die Playoffs wollen wir auf jeden Fall erreichen. Wir haben uns vorgenommen, attraktives Eishockey zu bieten. Und wir stellen den Anspruch an uns, dass kein Team in der Liga härter arbeitet als wir. Dann können wir uns auch keinen Vorwurf machen.

Münchner Wochenanzeiger: Haben Sie nicht Angst, dass der „Cortina-Effekt“ irgendwann verpufft?

Winkler: Nein! Pat gehört in die Kategorie Erfolgstrainer. Er hat seine Grundprinzipien, überprüft seine eigene Arbeit jeden Tag. Er passt einfach. Und er passt gut zu uns. Mit dem großen Umbruch, den vielen Neuen im Kader stellt die Saison auch eine Art Neustart für uns dar.

Münchner Wochenanzeiger: Von Pat Cortina versprechen Sie sich Konstanz, was erwarten Sie sich denn von einer möglicherweise erfolgreichen Bewerbung Münchens um die Olympischen Winterspiele 2018?

Winkler: Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als Olympia in der eigenen Stadt. Dass dabei der ein oder andere Nutzen für uns herausspringen könnte, ist auch klar. Aber das wird man sehen. Wir wollen schließlich nicht blauäugig sein. Olympia soll zeigen, dass München nicht nur Fußball ist. Wir könnten unser Produkt besser präsentieren. Denn Eishockey muss sich nicht verstecken. Es kann etwas Tolles daraus werden – nicht nur für den EHC. Interview: Jan Lüdeke

Artikel vom 16.07.2008
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