Die zehnten Klassen des Pestalozzigymnasiums erleben einen Disco-Unfall »live«

Haidhausen · »Rasend« schneller Tod

Die Aktion »Disco-Fieber«: Ein Opfer wird aus dem Auto geschnitten – kurze Zeit später ist die Frau tot und ein fiktiver Angehöriger nimmt Abschied am Unfallort. Manuela und Julia waren tief bewegt. Fotos: ks

Die Aktion »Disco-Fieber«: Ein Opfer wird aus dem Auto geschnitten – kurze Zeit später ist die Frau tot und ein fiktiver Angehöriger nimmt Abschied am Unfallort. Manuela und Julia waren tief bewegt. Fotos: ks

Haidhausen · »Du bist schnell unterwegs, manchmal sogar schneller als das Leben und dann bist du tot.« Dominik Hintzmann vom Kriseninterventionsteam (KIT) des Arbeiter-Samariter-Bundes blickt in betretene Schüler-Gesichter im Haidhauser Pestalozzigymnasium. Am Montag proben er und seine Kollegen von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und KIT unter dem Titel »Disco-Fieber« den Ernstfall.

Ein Autounfall mit Todesfolge wird nachgestellt, um die Zehntklässler für eine besonnene Fahrweise zu sensibilisieren. »Ziel ist es, durch konkrete Unfallschilderungen eine persönliche Betroffenheit zu erreichen«, erklärt die Organisatorin Dr. Anette Pusch vom Pestalozzigymnasium.

Nachdem die fünf zehnten Klassen mehrere Kurzfilme gesehen und Vorträge gehört haben, geht es auf den Schulhof, auf dem schon ein schrottreifer Kleinwagen mit zwei geschminkten Opfern wartet. Mit Vollgas donnern zwei Feuerwehrautos und ein Rettungswagen auf den Schulhof. Die Schüler sind live dabei, als die Verletzten mit einem Spreizer aus dem Wagen geschnitten werden – auch als eine der beiden jungen Frauen »stirbt.« Anschließend nimmt ein fiktiver Angehöriger vom Opfer Abschied.

»Die Übung war beeindruckend und so schnell werde ich das bestimmt nicht vergessen. Das hat auf jeden Fall etwas gebracht«, beschreibt die 15-jährige Manuela ihre Gefühle über die Aktion. Ihre Mitschülerin Julia (16) steht kurz vor dem Führerschein und will in Zukunft die Ratschläge der Retter befolgen. »Ich denke da schon drüber nach. Mein Vater ist bei der Feuerwehr, ich kenne solche Übungen. Aber dass so viele auch sterben, hätte ich nicht gedacht.«

1.000 Einsätze hat allein das KIT pro Jahr. Das Team kümmert sich um die Hinterbliebenen und Zeugen der Unfälle, aber auch bei Selbstmorden. 80 davon sind verkehrsbedingt. »Unsere Arbeit ist ehrenamtlich, damit kosten wir auch nichts«, erläutert Hintzmann.

»Wir haben Discofieber zum zweiten Mal an der Schule. Letztes Jahr hatten wir von Seiten der Schüler nur positive Rückmeldungen«, erklärt Pusch. Die Mathematik- und Physiklehrerin fordert vor allem Mut von ihren Schülern, in brenzligen Situationen den Mund aufzumachen. »Ich selbst habe nach nur einem halben Jahr Führerschein das Auto meiner Mutter zu Schrott gefahren. Ich weiß wovon ich rede. Fahrt der Situation angepasst!«, fordert sie. Kathrin Schubert

Artikel vom 11.03.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...