Willi Graf, die Weiße Rose und die Nazi-Zeit: Referat in der Bethanienkirche

Feldmoching · Geschichten des Lebens

Momente der Mahnung: Wie die Besucher lauschte Rosalie Grund, Lehrerin des Willi-Graf-Gymnasiums, ergriffen und schwer beeindruckt dem Vortrag von Anneliese Knoop-Graf. Foto: ba

Momente der Mahnung: Wie die Besucher lauschte Rosalie Grund, Lehrerin des Willi-Graf-Gymnasiums, ergriffen und schwer beeindruckt dem Vortrag von Anneliese Knoop-Graf. Foto: ba

Feldmoching · Dieser 12. Oktober wird für Anneliese Knoop-Graf nie Normalität sein. An diesem Tag wurde ihr Bruder Willi Graf, Mitglied der Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus, Weiße Rose, im Gefängnis Stadelheim hingerichtet. Zum 64. Jahrestag besuchte die 87-jährige Frau erst das Willi-Graf-Gymnasium in der Borschtallee und hielt abends in der Feldmochinger Bethanienkirche einen ergreifenden Vortrag über ihre Familiengeschichte, die eine Mahnung für alle Zeiten sein soll.

Anneliese Knoop-Graf erzählte die Geschichte ihres Bruders anhand dessen Briefen und Tagebucheinträgen. »Er hat nur öffentlich bekundet, was er fühlte und dachte«, sagte Knoop-Graf, »und dafür musste er in dem jungen Alter von 25 Jahren sterben.« Willi Graf war als eines der sechs Mitglieder der weißen Rose, die insgesamt sechs Flugblätter mit Aufrufen zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus produzierten.

Die Schwester des Widerstandskämpfers betonte, dass christliche Motive ihn zu diesen Aktionen und dem Leben auf der Flucht in der Zeit von Juni 1942 bis Februar 1943 bewegten. »Es war seine moralische Verpflichtung, etwas zu tun«, sagte die Zeitzeugin. Daran erinnert noch heute die Gedenktafel an ihrem Haus mit der Aufschrift »Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung.« Dieser Satz stammt aus einem Brief von Willi Graf an seine Schwester.

Anneliese Knoop-Graf erzählte auch das Ende der Geschichte. Nachdem Adolf Hitler persönlich ein Gnadengesuch für Willi Graf abgelehnt hatte, verbrachte seine ganze Familie einige Wochen in Gefangenschaft. Noch heute bewegt sie ein Brief ihres Vaters, der sich in der Gefangenschaft Sorgen machte über sein Leben nach dem Gefängnis. »Diesen Brief halte ich noch heute ratlos in den Händen«, erzählte Anneliese Knoop-Graf.

Auf ihren Bruder Willi ist sie stolz und mit der Erzählung der ergreifenden Geschichte des Aufständigen möchte sie Gefühle bewegen. »Aus der in Ergriffenheit gemachten Grabpflege soll Gedächtnispflege werden«, beschrieb sie ihren Wunsch an die Zuhörer, ob dies am Vormittag die Schüler der fünften und sechsten Klassen des Gymnasiums oder am Abend die Erwachsenen waren. Auch der heutigen Jugend wünscht sie »Widerspruch statt Widerstand und gezeigte Zivilcourage«.

Die heutige Jugend trage die Verantwortung, den Anfängen zu wehren. Mit Blick auf den Rechtsextremismus im Osten Deutschlands hofft sie, dass die heutige Demokratie stark genug ist, eine Wiederholung der Geschichte im Ansatz zu verhindern. Dabei denkt sie an ihren Bruder, der nicht umsonst sein Leben geopfert haben soll: »Sein Tod ist eine schmerzliche Erinnerung, aber ich spüre Dankbarkeit, dass es diese Menschen gegeben hat.« Nico Bauer

Artikel vom 16.10.2007
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