Die trüben Zeiten des Wiesnbiers

Oktoberfest 2007 · Hopfen und Malz

Von solch einem frischen Märzenbier konnten die Wiesnbesucher zum Kriegsende nur träumen. Foto: LhM

Von solch einem frischen Märzenbier konnten die Wiesnbesucher zum Kriegsende nur träumen. Foto: LhM

München · Nicht immer waren die Krüge auf der Wiesn mit dem süffigen Märzenbier von heute gefüllt. Die Brauereien und somit auch das Wiesnbier, hatten früher harte Zeiten zu überstehen. Der Zweite Weltkrieg brachte den Brauereien riesige Umsatzeinbrüche. Nach Kriegsende gab es in Deutschland nur ein amtlich verordnetes Dünnbier, worauf weitere Umsatzeinbrüche erfolgten.

Doch selbst über das Dünnbier mussten sich die Deutschen damals freuen. Denn der siegreiche Amerikaner Dwight D. Eisenhower sah im Bier ein Mittel, das den Deutschen Kraft gab und sie streitsüchtig machte. Deshalb verfügte er: »Kein Bier für Deutsche«. Er wollte alle Produktion für seine Soldaten beschlagnahmen. So erließ die US-Militärregierung von 1945 bis 1948 immer wieder Sudverbote und eine Kontingentierung von Rohstoffen. Die Spatenbrauerei überlebte diese nur mit der Herstellung von Molkebier und Fassbrause. Selbst dann, als das Brauen nicht verboten war, war es schwer genug – nach dem Krieg durfte Gerste nicht unbeschränkt zum Brauen verwendet werden, weil es zum Brotbacken notwendig war.

Deshalb war das Bier sehr dünn. Den Brauereien wurde nur das Sieden von Einfachbieren erlaubt. Ende Mai 1946 wurden auch noch die Steuern neu geregelt. Der Bierpreis erhöhte sich von 50 Pfennig auf 75 Pfennig die Maß. 1946 dachte man daran, das Oktoberfest, das während der Kriegsjahre nicht stattfand, wieder zu feiern. Im ersten Jahr stand aber lediglich ein Zelt dort, in dem es nur Dünnbier gab. Das Oktoberfest hieß in diesem Jahr auch nicht Oktoberfest sondern Herbstfest. Selbst 1947 hatte das ausgegebene Dünnbier bloß einen Stammwürzegehalt von 1,7 Prozent, was einem Alkoholgehalt von etwa 0,5 Prozent entspricht und ungefähr unseren heutigen alkoholfreien Bieren gleichkommt. Doch es kam noch schlimmer – am 8. August 1947 wurde die Streckung des Dünnbiers von 1,7 Prozent auf 0,6 Prozent angeordnet.

In der Karwoche 1948 mussten die Münchner Brauereien ihren Bierausstoß wegen Rohstoffmangel für fünf Wochen ganz einstellen. Ab Mitte 1948 mussten die Durstigen für eine Maß Dünnbier, Bierersatzgetränk genannt, Marken für 50 g Brot hinlegen. Nachdem Brot ohnehin schon Mangelware war, war Bier fast nicht mehr erschwinglich. Dietmar Reichl

Artikel vom 20.09.2007
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