Albrecht Ackerland über Heile Welt

München - „Da schau her“

Vergangene Woche war Hansi Hinterseer zu Gast in der Waldwirtschaft. Nicht einfach so zum Haxn-Essen, er kam nach München, um anzukündigen, dass er im März 2008 nach München kommt. Hä? Ja. Ist natürlich jetzt böse gedreht, weil der blondierte Blitz aus Kitz da war, um seine kommende Tournee der versammelten deutschsprachigen Presse anzukündigen. Die startet zwar erst im Februar, aber alles braucht seine Vorbereitungszeit – allen voran die Fans.

Sie müssen schon rechtzeitig Bescheid wissen. Die heile Welt kennt keine Abendkasse. Da muss schon jetzt das Ticket her, außerdem kommt ja bald das Weihnachtsgeschäft. Ein echter Fan kauft aber sofort, eine Eintrittskarte für die Olympiahalle ist eben mehr als ein Stück Papier. Es verschafft Glück durch Vorfreude. Falls Sie eingefleischter Fan vom Hansi sind: Ich meine das alles ganz und gar nicht hämisch. Ich kenne das Gefühl zumindest aus Jugendzeiten, wenn man so ein Ticket über Wochen beinahe täglich streichelt, allein durch das Anfassen diese wunderbare körpereigene Droge Endorphin durchs Hirn schießt.

Die Pressekonferenz also war fast genauso heil wie die Welt, die Hansi Hinterseer besingt. Wäre da nicht diese lästige Frage eines Kollegen gewesen, was der ehemalige Skistar denn gegen die drohende Klimakatastrophe tue, um womöglich noch in dreißig Jahren Ski fahren zu können. Muss ja nun wirklich nicht sein, wenn es allen gerade so gut geht, die gleich gratis gereichten Schweinshaxn und gebratenen Entenviertel schon vom Büffet herüberduften und die ein oder andere Reporterin noch schnell fragt, ob er denn den Wilden Kaiser gar nicht vermisse, wenn er in die Fremde touren muss oder welchen Stellenwert die Liebe und die Berge in seinem Leben haben.

Nein, kann man denn nicht einfach den Weißwein genießen, den die Kellner immer brav nachschenken, und der – wie üblich bei derartigen Presseschmeichelterminen – natürlich auch nichts kostet? Klar, dass das auch dem Hinterseer nicht gepasst hat, mir übrigens auch nicht, weil ich nun endlich essen wollte, nun aber ein zehnminütiger Exkurs kommt, nein, lumpen lässt er sich dann doch nicht, der Hansi.

Fazit: An der ganzen Klimapanik hat auch die schreibende Zunft Schuld, heute könne man überall lesen, wenn in China einer mit dem Radl umfällt, es solle einfach weniger berichtet werden. Um ehrlich zu sein: Ich vergaß kurz meinen Hunger und ließ mir Weißwein nachschenken aus lauter schlechtem Gewissen, weil ich es dann doch gern lese, wenn in China ein Radfahrer umfällt, das sind Geschichten fürs Herz, die ich einfach gern lese. Zum Abschluss der zur Klima-Konferenz abgedrifteten Fragerunde gab’s dann doch noch einen Ratschlag vom Hansi: „Wenn jeder ein bissl weniger wegschmeißt, das würde vielleicht schon helfen!“

Recht hat er, haben sich alle gedacht, und brav das Büffet leergegessen, auf dass nix weggeschmissen werden muss. So wurde die Welt dann doch noch heil in der Waldwirtschaft. Wir sind ja nicht zum Spaß da gewesen.

Artikel vom 19.07.2007
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