Mehr als heiße Luft: Das Rauchverbot in Bayerns Gaststätten ist quasi beschlossen

München - „Die Wirte hatten ihre Chance“

Zug um Zug werden Bayerns Raucher in ihren Rechten beschnitten, ihrer Gesundheit aber dürfte dies gut tun. Bild: Archiv

Zug um Zug werden Bayerns Raucher in ihren Rechten beschnitten, ihrer Gesundheit aber dürfte dies gut tun. Bild: Archiv

Der Zug für Bayerns Raucherlobby scheint abgefahren zu sein. In ganz Deutschland ist ab 1. September das Rauchen in Behörden und in sämtlichen öffentlichen Verkehrsmitteln, in Zügen und auch in Taxis untersagt – und auch in Bayerns Wirtshäusern stehen die Signale inzwischen auf rauchfrei: Das bayerische Kabinett hat in dieser Woche beschlossen, zum Jahreswechsel dem blauen Dunst in hiesigen Gaststätten den Garaus zu machen.

Der Raucherlobby dürfte es also kaum mehr nützen, dass in der vergangenen Woche 3.000 bayerische Wirte per Unterschrift gegen das Gesetz protestiert hatten.

„Jetzt kann den Nichtraucherschutz nichts mehr aufhalten!“, jubelt Ernst-Günther Krause, Vorsitzender der Nichtraucher-Initiative München (NIM). Der Freistaat habe sich damit gerühmt, als erstes Bundesland einen Gesetzesentwurf auf den Weg zu bringen, der das Rauchen in Gaststätten verbietet. „Jetzt wird bestimmt kein Rückzieher mehr gemacht.“

Bedauerlich findet er nur, dass der Beschluss des bayerischen Kabinetts zu viele Ausnahmen zulässt: zum Beispiel darf weiterhin in abgetrennten Nebenzimmern geraucht werden. Und eine weitere Ausnahme ärgert selbst die bayerischen Wirte: „Wie sollen wir den Gästen erklären, dass sie in einem Festzelt rauchen dürfen, in einer Festhalle dagegen nicht“, fragt etwa Franz Bergmüller, Vorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) in Oberbayern. Überhaupt sei das geplante Gesetz „in höchstem Maße wettbewerbsverzerrend für das Gastgewerbe – vor allem im ländlichen Bereich“, wie Frank-Ulrich John ergänzt, bayerischer BHG-Sprecher.

„Wenn in einer Ortschaft eine von zwei Gaststätten einen abtrennbaren Raum als Raucherraum einrichten darf, die andere Gaststätte aber gar keinen weiteren Raum hat, so verliert letztere alle Raucher an die andere Gaststätte.“ Überhaupt gebe es viele Kneipen in Bayern, in denen bis zu 80 Prozent der Gäste rauchen. Es sei ungerecht, ihnen das Rauchen zu verbieten.

Roland Eichhorn, Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums, hat kein großes Mitleid mit den Wirten: „Sie haben ihre Chance gehabt“, sagt er. Jahrelang habe es Kooperationsangebote gegeben: die Wirte sollten freiwillige Maßnahmen für den Nichtraucherschutz ergreifen. Der Hotel- und Gaststättenverband hatte sich sogar dazu bereit erklärt, Nischen für Nichtraucher zu schaffen. In der Praxis aber sei kaum etwas passiert: nur etwa zwei Prozent der Wirtshäuser seien rauchfrei geworden, nur zehn Prozent hätten Nichtraucher-Tische aufgestellt – „aber es bringt nichts, wenn am Tisch nebenan geraucht wird“, ist Eichhorn überzeugt. „Die freiwillige Regelung jedenfalls war nicht erfolgreich, es blieb nichts anderes übrig, als Nichtraucher per Gesetz zu schützen.“

Kurios ist der Verbotsbeginn. Ab 1. Januar müssen die Gaststätten rauchfrei sein – also eigentlich mitten in den Neujahrsfeiern umstellen. „Man sollte das Verbot erst am ersten Montag im Januar in Kraft setzen“, meint entsprechend auch Krause von der Nichtraucher-Initiative München.

Der qualmfreie Lobbyist will sich übrigens nicht mit den Ausnahmen – Festzelte und Nebenräume – zufrieden geben: „Wir werden eine verfassungsrechtliche Klage initiieren“, kündigt Krause an. „Da jetzt gesetzlich anerkannt ist, wie gesundheitsschädlich das Rauchen ist, dürfte es nicht allzu schwer sein, es auch in weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens zu verbieten.“

Ein Vorschlag der Grünen-Europaabgeordneten Hiltrud Breyer geht sogar noch weiter – sie will das Rauchen auch in Biergärten verbieten: „Nichtrauchen soll der Normalfall sein. Auch in Biergärten werden Gäste von Rauchern mit Qualm belästigt“, sagt sie. Bergmüller vom Hotel- und Gaststättenverband meint dazu: „Wenn das Rauchen unter freiem Himmel verboten wird, können wir auch gleich den Betrieb von Gaststätten verbieten – irgendwo hört’s auf.“ Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 12.07.2007
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