»Wir brauchen Leute mit Biss!«

Hasenbergl · Podiumsdiskussion

Hasenbergl · Die Diskussion hatte es in sich. Das Thema »Jugendarbeitslosigkeit« brennt unter den Nägeln. Alarmiert durch die »Rote Laterne« in der Sozialstatistik lud der Bezirksausschuss 24 (Feldmoching – Hasenbergl) am Mittwoch, 4. Juli, zur Podiumsdiskussion.

Der BA-Vorsitzende Dr. Rainer Großmann und die SPD-Abgeordnete Heide Rieke versammelten wichtige Vertreter aus dem regionalen Gewerbe sowie Hermann Aulinger, Leiter der Willy-Brandt-Gesamtschule (WBG) und Michael Sturm, ehemaliger Betriebsleiter der Jungen Arbeit, und einen Pädagogen der Jungen Arbeit als Gastredner um sich. Die kamen auch alle zu Wort – trotzdem verlagerte sich die Diskussion rasch in die Ränge des Publikums.

Dort saßen nicht nur Vertreter des Sozialbürgerhauses und des Gewerbevereins »Walk of Hasenbergl«. Dort saß vor allem auch Gärtner Peter Gogeff aus Feldmoching. Gogeff ist zugleich Landesfachgruppenleiter Gemüsebau des Bayerischen Gärtnerei-Verbands und wie sich schnell herausstellen sollte ein glühender Diskussionsteilnehmer, der sich auch mal in Rage reden kann.

Zunächst schaukelte sich die Debatte rasant auf. Während die Schulen ihre Maßnahmen vorstellten – intensives Bewerbungstraining für Abschlussklassen, Praktika-Vermittlung wo es nur geht und der behende Versuch, die Schüler an den Arbeitsmarkt heran zu führen – übten die Unternehmen rege Kritik daran: Das fördere nur die Bewerberflut und auf Hochglanz frisierte Bewerbungsmappen gäben ein falsches Bild. »Die lernen nicht mal g’scheit rechnen, den kann ich nicht brauchen!«, fasste Gogeff zusammen.

Bald schon stellten dann die Schulen fest: Erziehungsdefizite führen oft zu mangelnder Sozialkompetenz bei der Jugend. Wo die Junge Arbeit daher für »mehr soziale Verantwortung« seitens der Unternehmen plädierte und sogar Thomas Thaller als Vorsitzender des Gewerbevereins »Walk of Hasenbergl« dafür eintrat »mehr Mut bei den Auszubildenden zu haben«, riefen die Gewerbetreibenden klar nach mehr Schlüsselqualifikationen bei den Schülern. Wieder Gogeff: »Wir brauchen Leute mit Biss!«

Am Ende waren sich alle einig: Jugendarbeitslosigkeit sei kein stadtteilbezogenes Phänomen (Sturm: »Das ist doch nur eine Ausrede für den, der’s nicht geschafft hat.«) sondern ein klares Symptom der Gesellschaft.

Nur wie kann man dem begegnen? Das Plenum brachte keine Antwort. Im Gegenteil, denn alles Poltern und Fingerzeigen ließ die Debatte beinahe auf Stammtischniveau absacken – hätte man meinen können. Doch dann drosselte Großmann das Tempo. Bis dahin lediglich gefordert, den Überblick über Wortmeldungen und Einwürfe zu behalten, kappte Großmann die Redebeiträge, leitete »zum zweiten Teil der Veranstaltung über« – und der brachte die entscheidende Wende. Denn wo bis zu diesem Zeitpunkt Forderungen und Ansprüche in den Himmel wuchsen (Gogeff: »Jede Schule müsste einen Schulgarten haben um den Gärtnerberuf attraktiver zu machen!«) bestimmte beim Stehempfang der konstruktive Dialog das Bild.

Erst da hatte etwa der Gärtner Gogeff die Möglichkeit zu erfahren, dass die WBG schon einen Schulgarten hat. Ergebnis: Gärtnerei und Schule arbeiten zukünftig zusammen.

Ganz zu Beginn stellte Großmann die Frage, die niemand beantworten konnte: »Wie kann der BA vermitteln?« – Die Antwort gab zweifelsohne diese als Podiumsdiskussion »getarnte« Kontakt-Veranstaltung in der Jungen Arbeit selbst: Dialog suchen, Meinungen austauschen, Vorurteile abbauen und gemeinsame Lösungen finden.

»Schade dass nur vergleichsweise wenige Gewerbetreibende an dieser Veranstaltung teilnahmen«, bemerkte Großmann am Rande der ersten Podiumsdiskussion »Jugendarbeitslosigkeit im Hasenbergl«. Jedoch nicht ohne anzumerken, dass das beim nächsten Mal besser werden müsse. Nach der Sommerpause werde der BA das Thema wieder aufgreifen – und vielleicht bereits die ersten konkreten Projekte diskutieren.

Gogeff jedenfalls will im nächsten Schuljahr bereits an der WBG vertreten sein: »Für die Schulküche stiften wir frisches Gemüse – und dann schau’n wir mal, ob die Schüler dort nicht selbst was pflanzen können.« Diese Initiative könnte schon bald erste Früchte tragen. gf

Artikel vom 11.07.2007
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...