Klimaschutz ist Chefsache: Folgen den Worten endlich Taten?

München · Viel heiße Luft

Gesundheitsalarm in der Stadt: Viel ist nicht passiert, seit öffentlich wurde, wie feinstaubverseucht Münchens Luft ist. Collage: clash

Gesundheitsalarm in der Stadt: Viel ist nicht passiert, seit öffentlich wurde, wie feinstaubverseucht Münchens Luft ist. Collage: clash

München · Klingt nach happy Sonnenschein und blauem Himmel: Die Stadt München hat diese Woche ein „Münchner Bündnis für Klimaschutz“ beschlossen - Ziel ist die drastische Senkung des Münchner Kohlendioxid-Ausstoßes. Die Kosten für das Bündnis sind vernachlässigbar – was denn auch die Budgetverantwortlichen im Rathaus freut. Aber ist das, was nichts kostet, überhaupt etwas wert, fragen Kritiker – und hoffen inständig, dass die Stadt in Sachen Umweltschutz endlich mehr als heiße Luft produziert.

Denn das Weißblau des Münchner Himmels ist trügerisch: In dieser Woche etwa veröffentlichte das GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit eine Studie zum Thema Feinstaub. Das Ergebnis ist besorgniserregend: Mütter, die während ihrer Schwangerschaft an einer stark feinstaubbelasteten Straße gewohnt haben, brachten überdurchschnittlich viele Kinder mit einem Gewicht unter 3000 Gramm zur Welt. Im Blick hatten die Forscher 1016 Geburten zwischen 1998 und 1999 und Standorte wie die Fürstenrieder Straße, Hohenzollern- und Ungererstraße.

Es sind Studien wie diese, die Dieter Janecek hoffen lassen. Janecek wohnt an der Landshuter Allee und fordert, dass die Stadt endlich etwas gegen den krebserregenden Staub unternimmt, der vor seinem Fenster und in seiner Wohnung schwebt. Seit zwei Jahren kämpft er vor Gericht für eine Lösung, bislang allerdings wurde eine Entscheidung von Instanz zu Instanz verschleppt. Im Herbst wird Janecek sein Anliegen vor dem Bundesverwaltungsgericht vortragen.

Doch auch in anderen Bereichen tritt die von SPD und Grünen geführte Stadt nicht gerade als Umweltengel auf. 1991 ist auch München dem europäischen Klimabündnis beigetreten – erreicht hat die Isar-Metropole keines der Ziele. Noch nicht mal das Papier der Stadtverwaltung, auf dem etwa über Umweltzonen und Klimaschutz berichtet wird, ist holzfrei. Die einzig erwähnenswerten Nachrichten in Sachen Umweltschutz: Der Ausbau von Radwegen und des öffentlichen Nahverkehrs sowie ein symbolträchtiges Windrad auf dem Müllberg in Fröttmaning.

Jetzt aber sollen fruchtende Maßnahmen dazu kommen mit dem „Münchner Bündnis für den Klimaschutz“, das der Umweltausschuss des Stadtrats beschlossen hat. In diesem Gremium sollen „Entscheidungsträger der Münchner Stadtgesellschaft aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft“ an einem Strang ziehen, wie Münchens dritter Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne) erklärt. „Neuen Input, gute Ideen und tatkräftiges Engagement“, erhofft er, „um dem lokalen Klimaschutz in München neuen Schub zu verleihen.“

Die Zielvorgabe: bis 2030 sollen gegenüber 1990 die Kohlendioxid-Emissionen halbiert werden. Jeder der Bündnispartner müsse daher den Klimaschutz zur eigenen Sache machen und entsprechende Selbstverpflichtungen eingehen. „Es geht nicht darum, dass ein ‚Bauchladen‘ verschiedener Projekte erarbeitet wird, der dann durch städtische Gelder finanziert wird. Das kann die Stadt nicht leisten.“ Das heißt: die Stadt steckt keine Extra-Gelder in das Projekt, geboten wird allein die projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit. Im November sollen die Bündnispartner erstmals zusammenkommen.

Um wen es sich bei den Partnern genau handelt? „Wir können noch keine Namen nennen, das Bündnis ist gerade erst abgesegnet“, sagt der städtische Umweltreferent Joachim Lorenz (Grüne). „Es gibt jedoch sehr viele Unternehmen in München, die gute Umweltschutzprojekte in der Pipeline haben.“ Diesen und anderen Unternehmen müsse noch deutlicher bewusst werden, dass man mit umweltfördernden Projekten mittelfristig Kosten sparen könne.

Die Stadt selbst hat ebenfalls entsprechende Maßnahmen angekündigt: In den eigenen Gebäuden etwa sollen Wärmedämmungen und Heizungsanlagen verbessert werden, erklärt Lorenz. Auch wird die Stadtplanung weiterhin der Zersiedelung entgegenwirken, sprich: Neue Häuser sollen möglichst eng aneinander gebaut werden. Denn: „Hoch verdichtete Gebäude brauchen weniger Energie als Einfamilienhaussiedlungen.“

Ihren Ruf als Event-City will München für den Umweltschutz allerdings nicht riskieren: Die Grüne Jugend hatte gefordert, die Bewerbung um die Olympische Winterspiele 2018 zurückzunehmen. Der Verkehr, der Straßenbau und die Schneekanonen würden die Natur zu sehr belasten, lautet die Sorge des Öko-Nachwuchses.

Eine Forderung, die selbst dem Grünen-Bürgermeister Monatzeder zu weit geht. „Wir müssen erst mal schauen, ob wir überhaupt in den Genuss kommen, die Spiele ausrichten zu dürfen“, sagte er im Gespräch mit dem SamstagsBlatt. „Dann darf nicht vergessen werden, dass es aus ökologischer Sicht auch Vorteile hat, die Spiele hier abzuhalten: Hier ist bereits wintersportliche Infrastruktur vorhanden, woanders müsste sie erst entstehen.“ Wobei Monatzeder aber die Antwort auf die Schneekanonen unterschlägt. Denn eins ist trotz guter Infrastruktur sicher: Anderswo auf der Welt gäbe es im Winter 2018 wohl mehr Schnee. Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 28.06.2007
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