Nach langer Warte- und Leidenszeit ist Joey Vollmer dort, wo er nie weg wollte: beim EHC München

Blauäugig davongekommen

Gekommen, um zu bleiben: EHC-Torwart Joey Vollmer

Gekommen, um zu bleiben: EHC-Torwart Joey Vollmer

Joey Vollmer ist müde. Er hat nur wenige Stunden geschlafen, schließlich musste die Bronzemedaille bei der Inlinehockey-Weltmeisterschaft, die vor wenigen Tagen in Landshut und Passau ausgetragen wurde, gefeiert werden. „Meine erste Medaille“, freut sich Vollmer, der schon drei Mal knapp am Edelmetall vorbeigeschlittert war. „Es war eine super WM für mich“, untertreibt er.

95 Prozent Fangquote und weniger als zwei Gegentore im Schnitt würden durchaus auch andere Adjektive zulassen. Doch der Torhüter ist zufrieden – mit der WM, mit sich selbst und der Gesamtsituation überhaupt. Schließlich ist endlich gesichert, dass es auch in der kommenden Saison mit dem EHC München weitergeht. „Ich bin froh, dass es diesen Verein gibt. Dass es ihn noch gibt“, sagt Vollmer, der trotz Müdigkeit stundenlang über diesen, über seinen Verein sprechen könnte. Vollmer war der einzige Spieler, der vor ein paar Wochen zur legendären Grabrede alias Pressekonferenz hinzu gestoßen war. „Ich war nicht eingeladen. Aber ich musste trotzdem hin.“ Eine Entscheidung, die er kurz nach Beginn der Pressekonferenz schnell bereut haben dürfte, so geknickt, wie er den Raum danach verlassen hatte. „Ich bin dann erst einmal nach Hause gegangen und habe nachgedacht. Danach habe ich ein bisschen telefoniert, Spielervermittler kontaktiert, mich umgehört.“ Es war eine unangenehme Situation: der Spielermarkt war voll, die Planungen bei den meisten Mannschaften abgeschlossen. Hätte der EHC tatsächlich den Spielbetrieb eingestellt, hätte sich Vollmer komplett neu orientieren müssen. Doch Vollmer, schon zu Bayernligazeiten beim EHC aktiv, hat sich eingelebt in München, er studiert in Erding Sportmanagement und kann sich momentan ein Leben oder eine sportliche Karriere außerhalb Münchens nicht vorstellen. Und er hatte das auch damals, vor wenigen Wochen, nicht gekonnt. Deshalb hat er, wie viele seiner Mannschaftskollegen, abgewartet, nachdem der EHC den Supergau verkündet hat. „Ich bin grundsätzlich ein etwas naiver und blauäugiger Mensch. Irgendwie, sagte ich mir immer, wird das schon weitergehen. Außerdem wusste ich, wie seriös Herr Bochanski und der ganze Verein arbeiten. Deshalb habe ich gewartet.“ Angebote, auch von zwei DEL-Vereinen, waren dem 27-Jährigen durchaus vorgelegen. Er selbst habe sich – wenn auch nur halbherzig und widerwillig– bei ein paar Vereinen umgehört. „Ich bin 27 Jahre alt, natürlich denkt man in solchen Situationen auch an seine Zukunft. Ich werde ja nicht immer Eishockey spielen können.“ Wie diese Zukunft momentan aussieht, weiß Vollmer trotz intensiver Ratschläge von Mama und Oma noch nicht. In zwei Jahren soll das Studium endlich beendet sein, dann dürften zumindest die Damen seiner Familie beruhigt sein. „Ich lasse es auf mich zukommen. Ich möchte jetzt gerne einen Vertrag beim EHC unterschreiben, allerdings mit Optionen. Vielleicht gehe ich ja doch noch für ein, zwei Jahre in die DEL.“ Doch zuvor wartet mit dem neuen EHC-Trainer, einigen neuen Kollegen und vor allem der neuen Saison wieder eine Menge Arbeit auf Vollmer. Aufgaben, die er gerne anpackt, auch wenn ihm bei manchen ein bisschen die Knie schlottern. „Ich habe mit Bernie Englbrecht bei der Inline-WM gesprochen. Der wird uns als Mannschaft ordentlich fordern. Das ist ein richtig harter Hund. Das kann spannend werden.“ Anfang August beginnen die Trainingseinheiten, ab sofort wohl auch „Hundstage“ genannt. Joey Vollmer freut sich darauf. Denn schließlich hat er viel riskiert und viel gewonnen. Er ist blauäugig davongekommen und immer noch zuhause geblieben. Daniel Köhler

Artikel vom 04.06.2007
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