Zwangsarbeit im Raketentunnel 1943 – Ausstellung im Deutschen Museum

Stumme Zeugen als Mahnung

Haidhausen · Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde in einer gigantischen Tunnelanlage in der Nähe der thüringischen Stadt Neuhausen die streng geheime Fernlenkwaffe V2-Rakete mit Hilfe von KZ-Häftlingen hergestellt.

Über 5000 Raketen verließen die damals größte unterirdische Rüstungsfabrik der Welt, 20.000 Häftlinge mussten in dieser Zeit dort ihr Leben lassen. Der Decknahme für die Fabrik und die umliegenden Anlagen war „Mittelbau“, für das Konzentrationslager unmittelbar am Südeingang des Tunnelsystems lautete er „Dora“. Das Deutsche Museum zeigt eine Fotoausstellung des französischen Museums La Coupole, die Produktion und Arbeitsbedingungen in „Mittelbau-Dora“ in eindrucksvoller Weise vor Augen führt.

Erst im Jahr 1998 wurden seltene Farbaufnahmen entdeckt, die der Kriegsberichterstatter Walter Frentz im Auftrag des Rüstungsministeriums 1944 von der streng geheimen Raketenproduktion aufgenommen hatte. Es sind die ersten und bisher einzigen authentischen Fotoaufnahmen, die wichtige Schritte der Serienproduktion der V2-Rakete in der unterirdischen Rüstungsfabrik dokumentieren. Sie zeigen „ordentlich“ aussehende fleißige KZ-Häftlinge bei konzentrierter Arbeit. Einer der abgebildeten Häftlinge hat sich bei der Ausstellungseröffnung in Frankreich 1999 auf einem Foto wiedererkannt. Von den brutalen menschenverachtenden Methoden der SS und den grausamen Arbeitsbedingungen lassen diese gestellten Aufnahmen nichts erahnen.

Die französischen Historiker Yves Le Maner und André Sellier, der letztere selbst ein ehemaliger Häftling aus „Mittelbau-Dora“, haben diesen Fotoaufnahmen Häftlingszeichnungen gegenübergestellt. Hier sieht man in erschreckenden Bildern die ganze Barbarei des Lagersystems, die Schläge der Kapos, die ausgemergelten Leichen, die Massenhinrichtungen aber auch Karikaturen von SS-Männern und Gefangenen.

Ausgestellt als stumme Zeitzeugen der Ereignisse in „Mittelbau-Dora“ sind ferner ein V2-Raketenmotor und eine Häftlingsjacke, sowie 25 Originalzeichnungen des ehemaligen Dora-Häftlings Maurice de La Pintiere. Das französische Museum „La Coupole, Centre d’histoire de la Guerre et des Fusées“ bei Saint-Omer befindet sich in einer ehemaligen unterirdischen Abschussanlage für die V2-Rakete. Die Anlage wurde erst 1943 gebaut und war gegen Bomben durch eine riesige Betonkuppel geschützt. 1987 beschlossen der „Consail géneral“ des -Départments Pas-de-Calais und der „Conseil“ des Nord-Pas-de-Calais diesen Ort in eine Erinnerungsstätte umzuwandeln. 1997 konnte das „Zentrum für Kriegs- und Raketengeschichte eröffnet werden. Eine Ausstellung des Museums „La Coupole“, Saint-Omer, Départment Pas-de-Calais, Frankreich 19. Januar bis 27. Juli 2001 im Deutschen Museum täglich 9 bis 17 Uhr. Die Ausstellung wurde ermöglicht durch die Unterstützung des Kulturreferates der Stadt München. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. N. F.

Artikel vom 24.01.2001
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