Die Schrannenhalle bekämpft ihr Image-Problem

München - „Wir sind zu normal“

Glas, Stahl und Kleinkunst: Die Schrannenhalle im Zentrum der Stadt ist ein Anziehungspunkt – aber nicht von jedem geliebt. Foto: Archiv

Glas, Stahl und Kleinkunst: Die Schrannenhalle im Zentrum der Stadt ist ein Anziehungspunkt – aber nicht von jedem geliebt. Foto: Archiv

Wenn Jürgen Lochbihler mitzureden hätte bei der Wahl zum „Unwort des Jahres“, seine Wahl würde wohl auf „Sorgenkind“ fallen. Immer wieder musste der Geschäftsführer der Schrannenhalle GmbH in den vergangenen Wochen in Münchner Zeitungen lesen, dass die „Schranne“ vom Vorzeigeprojekt zum Problemfall geworden sei. Lochbihler sieht das anders – ebenso wie viele der Standbetreiber in der Halle.

Mehrere ehemalige Markthändler allerdings hatten in den vergangenen Wochen mit der Geschäftsführung der Halle öffentlich abgerechnet: Die Vorwürfe reichten von gebrochenen Versprechen, Missmanagement bis hin zu einem totalitären Führungsstil Lochbihlers.

Lochbihler ärgert die „reißerische Berichterstattung“ – vor allem deshalb, weil in all den Darstellungen nie die „schweigende Mehrheit“ zu Wort gekommen war, die zufrieden ist mit ihrer Arbeit in der „Schranne“. Diese Mehrheit allerdings hat sich inzwischen in einem offenen Brief an die Münchner Medien gewandt und sich gegen die Negativpresse zur Wehr gesetzt. Die 20 Unterzeichner klagen über „vergröbernde Darstellungen, die die Schrannenhalle insgesamt immer wieder in ein schiefes Licht rücken“. Es sei für sie „schwer nachvollziehbar, dass wir alle einen Arbeitsplatz haben sollen, an dem wir angeblich zum Scheitern verurteilt sind“.

Gescheitert, das leugnet ja niemand, seien in der „Schranne“ schon einige Marktbetreiber, aber das sei in der Marktwirtschaft nun mal der Lauf der Dinge und habe nichts mit der Schrannenhalle an sich zu tun, merkt Lochbihler an: Wenn auf dem Viktualienmarkt oder in der Fußgängerzone ein Geschäft pleite gehe, gerate ja auch nicht die Einrichtung als Ganzes in Verruf.

Welche Auswirkungen die Negativpresse für die Beteiligten haben kann, hat Lochbihler anhand eines krassen Beispiels mitbekommen. Er berichtet von einer schwangeren Standbetreiberin, der auf der Suche nach einer Wohnung die Tür zugeschlagen wurde, als der Vermieter herausfand, wo sie ihr Geld verdiente.

Auch die Feuilleton-Verrisse über das Kulturprogramm der Halle verstehen weder Lochbihler noch die Standbetreiber. Letztere verweisen in ihrem Brief auf die 400 kostenlosen Musikveranstaltungen im vergangenen Jahr, bei denen von Jazz bis zu klassischer Volksmusik alles dabei war. 330.000 Euro hat die „Schranne“ 2006 in Kultur investiert, mehr als doppelt so viel wie vertraglich vereinbart. „Dem Bildungsbürgertum ist das, was wir machen, vermutlich zu normal“, glaubt Lochbihler.

Die Standbetreiber merken an, dass man das kulturelle Angebot wie alles in der Schrannenhalle natürlich „anders und besser“ machen könne. Das Projekt Schrannenhalle brauche halt Zeit, „um in die ‚richtige‘ Richtung zu wachsen“. Die Markthändler wollen dabei mit anpacken: In der vergangenen Woche haben sie auf Betreiben der Geschäftsführung und des Schrannenbeirats eine Interessengemeinschaft gegründet, um ihre Haltung gegenüber der Öffentlichkeit – und auch gegenüber der Geschäftsführung der „Schranne“ – besser vertreten zu können. Zu den Vorsitzenden des neuen Gremiums wurden Udo Riedlechner von der Champagnerbar „Champ Curr” und Salvatore Poretta vom Meeresfrüchteverkaufstand „Gosch“ gewählt.

Poretta verhehlt nicht, dass es in der Schrannenhalle Schwierigkeiten gibt: „Das brauchen wir nicht wegreden. Aber wir werden versuchen, das gemeinsam zu überwinden.“ Die neue Gemeinschaft will bis Ende des Monats ein Vorschlagspapier erarbeiten, das dem Management vorgelegt werden soll. Unter anderem fordern sie eine bessere Öffentlichkeitsarbeit, um die Imageprobleme der „Schranne“ zu beheben.

Lochbihler glaubt indes, dass es dafür vor allem mehr Zeit brauche. „Im Moment ist einfach noch alles, was bei uns passiert, eine Schlagzeile wert“, glaubt er: „Wenn wir aber in vier, fünf Jahren immer noch da sind, wird man merken, dass wir so schlecht nicht sein können.“ Die Besucher der Schrannenhalle wüssten das bereits jetzt – das berichten auch die Standbetreiber: Viele Gäste bestätigten ihnen jeden Tag, „dass die Schrannenhalle eine Einrichtung ist, auf die man durchaus auch ein wenig stolz sein kann – sogar in München“. Von Martin Hoffmann

Artikel vom 05.04.2007
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