Geschulte Streitschlichtergruppe setzt sich für besseres Schulklima ein

Hasenbergl · »Mobbing! – Kein harmloser Streich.«

Hasenbergl · Am Anfang scheint alles noch ganz harmlos. Da wird ein Bein gestellt, über den anderen gelacht oder ein Scherz auf Kosten eines Mitschülers gemacht. »Irgendwann geht es dann plötzlich um die ›Ehre‹«, erklärt Ingeborg Chyl, Anti-Aggressivitätstrainerin an der Hauptschule Eduard-Spranger-Straße. Streit, Mobbing, Gewalt – angesichts der Nationalitätenvielfalt an der Schule genüge manchmal schon ein »schief anschauen« um die verhängnisvolle Spirale in Gang zu treten.

Bis Jahresende stand regelmäßig ein Streifenwagen zu Schulschluss vor dem Haupteingang Wache. Die vorläufige Spitze des Eisbergs scheint erreicht.

»Wir Schüler kriegen einfach mehr mit als die Lehrer«, fasst die 14-jährige Miri zusammen. Als eine von acht Streitschlichtern aus den 7. und 8. Klassen ist sie angetreten, die Spirale zu unterbrechen. Im Herbst stellten sich die engagierten Schüler sogar einer Weiterbildung. Jetzt gibt es in der Hauptschule eine Mobbing-Anlaufstelle für Schüler. »Wenn einer mehr als geärgert wird. Wenn’s über längere Zeit geht. Wenn Du Dich in der Schule und auf dem Schulweg nicht mehr sicher fühlen kannst.« Die Jugendlichen zwischen 13 und 15 Jahren kennen solche Situationen aus nächster Nähe und bieten gemobbten Mitschülern jetzt auch eine Anlaufstelle im Streitschlichterzimmer im Erdgeschoss.

»Die Streitschlichter genießen in der Schulgemeinschaft hohen Respekt«, sagt Chyl. Die Anti-Mobbing-Gruppe geht mit diesem Bonus ans Werk. »Wer sich gemobbt fühlt kann jederzeit zu uns kommen«, lautet das Credo der Truppe. Dabei gehen die Jugendlichen die Probleme nach einer sehr strengen Taktik an. »Zunächst hören wir uns die Geschichte genau an«, erzählt die 14-jährige Sabrina. Mit einem eintrainierten Fragenkatalog gehen die Schüler auf die aktuelle Mobbing-Situation des Gegenübers ein – und ab da greifen bereits erste Sofortmaßnahmen. Nach dem Leitsatz: »Keiner wird alleine gelassen«, kümmern sich die Jugendlichen in Zweierteams um betroffene Mitschüler. Am Ende der Aufklärungsarbeit steht dann ein echter Täter-Opfer-Ausgleich, denn »Mobbing ist kein harmloser Streich sondern ernsthafte seelische Gewalt«, mahnt Chyl.

In der neuen Mobbing-Gruppe, die sich den Namen »Mob-Stop!« gegeben hat, herrscht trotz aller Schwierigkeiten gute Stimmung. Schülersprecher Leo (13 Jahre): »Die Atmosphäre hier ist nicht so schlecht, wie alle denken.« Trotzdem stellen die Schüler immer wieder selber fest, »dass es gar nicht so leicht ist, sich in den anderen hinein zu versetzen und dann sprechen sehr schnell die Fäuste«. Dagegen wollen die speziell geschulten Jugendlichen mit »Mob-Stop« jetzt eine Schnittstelle bilden.

So können sich Schüler auch allgemein über das Thema Mobbing informieren, eine regelmäßige Sprechstunde soll eingerichtet werden. Dabei handelt »Mob-Stop« zwar eigenverantwortlich aber niemals alleine. Der direkte Draht zu den Lehrern sei entscheidend, meint auch Chyl. »Schließlich geht es im Zweifel auch um ernsthafte Sanktionen.« Nach den Vorstellungen von Klassenlehrerin Erika Coulon, die zusammen mit den Schulsozialpädagogen Ingeborg Chyl und Daniel Fritsch »Mob-Stop« betreut, sollte das Anti-Mobbing-Training für die Schüler alle zwei Jahre wiederholt werden. Im Herbst wurde das dreitägige Seminar in Königsdorf, bei dem die Schüler mit Theorie und praktischen Rollenspielen zu Schlichtern trainiert wurden, von der Aktion Mensch mit 2.300 Euro und mit 200 Euro vom Förderverein der Eduard-Spranger-Schule ermöglicht. Eine lohnende Investition, wie die Schüler meinen und geben sich selbst ein ehrgeiziges Ziel: »Wir wollen eine mobbingfreie Schule!« gf

Artikel vom 24.01.2007
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