EHC-Erfolgs-Trainer Pat Cortina – ganz privat

München - Hart, aber herzlich

Zauberkünstler Pat Cortina: Seit der gebürtige Kanadier den EHC trainiert, fährt die Mannschaft einen Sieg nach dem anderen ein. Foto: Jakob Wiessner

Zauberkünstler Pat Cortina: Seit der gebürtige Kanadier den EHC trainiert, fährt die Mannschaft einen Sieg nach dem anderen ein. Foto: Jakob Wiessner

München - Seit Pat Cortina in München arbeitet, fährt der EHC einen Sieg nach dem anderen ein. Viel wurde bereits über die Fähigkeiten des neuen Eishockey-Trainers geschrieben, viel über mögliche Geheimtaktiken spekuliert. Der Mensch aber blieb hinter der beruflichen Erfolgsgeschichte verborgen. Zeit, das zu ändern: Das SamstagsBlatt traf sich mit dem 42-Jährigen und unterhielt sich mit ihm über italienisches Essen, die Familie und Freundschaften.

Pat Cortina hat Hunger. „Ich habe seit einer Woche keine Pasta bekommen und deshalb schon Entzugs-Erscheinungen“, sagt er lachend, während er seinen Dienstwagen aus dem Parkhaus dirigiert. Müde sei er außerdem, aber Job ist Job.

Wenige Minuten zuvor hatte er seine Spieler noch übers Eis gescheucht, nur wenige Stunden, nachdem er am Münchner Flughafen angekommen ist. Zuvor hatte Cortina die ungarische Nationalmannschaft bei einem Spiel in Slowenien betreut. „Ja, es ist ein langer Tag. Aber das ist in Ordnung. Ich bin ja hier, um zu arbeiten.“

Im Radio spielen sie „Wild Boys“ von „Duran Duran“, Cortina summt ein paar Takte mit. Wenige Minuten später strahlt er beim Anblick der Speisekarte des Belmondo. „Wenn das so gut schmeckt, wie es sich liest, bin ich ein glücklicher Mann. Übrigens: nenn’ mich einfach Pat.“ Cortina, Verzeihung, Pat liebt die italienische Küche. Egal – wo der trainierende Globetrotter seine Zelte aufschlug – schnell hatte er sein Lieblingsrestaurant ausgemacht. „Mein Lieblingskoch in Ungarn war sehr traurig, als er erfuhr, dass ich nach München gehe“, sagt Cortina schmunzelnd. „Er hat mir eine Mail geschrieben und will sich jetzt ebenfalls einen Job in München suchen.“

Cortina lehnt sich entspannt zurück. Jetzt ist einer der seltenen Momente, in denen das wandelnde Trainer-Kraftwerk den Fuß vom Gas nimmt. „Normalerweise stehe ich immer unter Strom. Von dem Moment, an dem sich meine Augen öffnen, bis zu dem, an dem sie sich wieder schließen.“ Halbe Sachen – damit kann Cortina nichts anfangen. „Nicht schlecht ist nicht gut genug“, lautet deshalb einer seiner Lieblingssätze, er kann ihn mittlerweile auf Deutsch aussprechen – und wird nicht müde, ihn seinen Spielern zu präsentieren.

Cortina ist nicht nur Trainer und Vereinsangestellter – er braucht diesen Sport, diese Arbeit, um sich wohl zu fühlen. „Eishockey macht mich glücklich. Wenn ich auch nur einen Tag nicht mit meiner Mannschaft zusammen sein kann, werde ich unruhig.“ Bescheidenheit, Disziplin, Arbeit, Einstellung und vor allem die Leidenschaft bilden die Eckpfeiler in Cortinas Universum. Diese Eckpfeiler haben ihn um die halbe Welt gebracht. Mit nur 24 Jahren verließ er seine Familie in Kanada, um in Italien als Trainer zu arbeiten, später scheuchte er ungarische Cracks durch die Eishallen, bevor er Ende Oktober den damals kränkelnden EHC München übernahm.

Cortina, so scheint es, ist beständig auf der Suche nach der nächsten, größeren Herausforderung. „Allerdings bin ich in einer Phase meines Lebens angekommen, in der die Entscheidungen nicht mehr so leicht von der Hand gehen“, sagt er. „Schließlich habe ich eine Familie und meine sechsjährige Tochter zu versorgen. Es kann nicht mehr nur um den Kick, um eine Herausforderung gehen.“

Cortina, der große Mann mit dem imposanten Auftreten und den mächtigen Pranken wird ganz weich, wenn es um seine Angehörigen, die in Norditalien leben, geht. Die räumliche Trennung von ihnen gehört zwar seit Jahren zu seinem Job, daran gewöhnt hat er sich trotzdem nicht. „Ich telefoniere mehrmals täglich mit meiner Familie. Ich muss einfach jeden Tag meine Tochter hören und wenn sie auch nur im Hintergrund lacht, weil sie gerade nicht telefonieren will. Das muss sein.“ Doch Cortina bereut seine Entscheidung, nach München zu wechseln, nicht. Im Gegenteil: Neben der alltäglichen Arbeit („diese Mannschaft macht mir unheimlich Spaß“), sieht er sein Engagement in Deutschland auch als wichtigen Karriereschritt: „Wenn es nach mir geht, bleibe ich die nächsten zehn Jahre hier“, sagt er.

Cortina fühlt sich wohl, auch wenn er von der nördlichsten Stadt Italiens noch nicht viel gesehen hat. „Ich bin in der Halle. Dort arbeite ich. Wenn ich nicht arbeite, sitze ich in meinem Hotel und bereite mich auf die Arbeit vor.“ Doch Cortina will sich nicht zu der Bevölkerungsgruppe der notorischen Einzelgänger zählen. Freundschaften, das sagt er nach kurzer Bedenkzeit, nehmen in seinem Wertesystem einen sehr großen Platz ein: „Auch wenn es manchmal schwierig ist, innerhalb eines Vereins echte Freundschaften aufzubauen. Zu manchen Spielern aber habe ich in der Vergangenheit eine enge Beziehung gepflegt. Wir rufen uns an und helfen uns in schwierigen Zeiten. So habe ich schon vielen Spielern aus einem persönlichen Tal geholfen. Das bedeutet mir eindeutig mehr als ein sportlicher Erfolg.“

In München dagegen halten sich die persönlichen Freundschaften noch in Grenzen, auch wenn es nur eine Frage der Zeit sei, wie Cortina versichert. Außerdem brauche die Mannschaft immer noch „einen harten Knochen und keinen Kumpeltyp“ als Coach.

Abseits der Bande allerdings ist vom harten Knochen nicht viel zu spüren. Man könnte fast vergessen, dass hier im Belmondo ein Interview stattfindet, so verbindlich, ehrlich und direkt antwortet Cortina, Verzeihung, Pat auf die Fragen.

Jetzt ist es allerdings spät geworden, der Espresso ist getrunken – und der Trainer will nach Hause. Es war ein langer Tag. „Aber ich bin zufrieden. Sehr sogar.“ Im Auto-Radio spielen sie „Dire Straits“. Cortina summt mit. Ganz entspannt. Von Daniel Köhler

Artikel vom 21.12.2006
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