Um schnell voranzukommen, fährt die Zentrums-Polizei schon mal öffentlich

Altstadt · U-Bahn statt Blaulicht

Der Christkindlmarkt am Marienplatz ist ein Paradies für Langfinger. Und ein Problem für die Polizei, denn die Menschenmengen verhindern einen schnellen Einsatz.Foto: ras

Der Christkindlmarkt am Marienplatz ist ein Paradies für Langfinger. Und ein Problem für die Polizei, denn die Menschenmengen verhindern einen schnellen Einsatz.Foto: ras

Altstadt · Es duftet wieder nach Glühwein, Plätzchen und Bratwürsten: Seit am 1. Dezember die Weihnachtsmärkte an Marien- und Sendlinger-Tor-Platz eröffnet sind, strömen Tausende von Besuchern dorthin – viele davon mit dem Auto. Ein Problem für die Polizei, die es sich nicht leisten kann, im Ernstfall im Stau zu stecken. Die Lösung: Statt mit Blaulicht und Martinshorn fahren die Beamten mit U- und S-Bahn zum Einsatz.

Zuerst wollte es niemand glauben, aber nach den Ausführungen von Josef Estner erschien es mehr als plausibel: »Wir kommen schon mal mit U- oder S-Bahn angefahren, wenn sich irgendwo in der Innenstadt ein Unfall oder ein Raub ereignet. Das geht oft am schnellsten«, verriet der Direktor der Polizeiinspektion 11 auf der Bürgerversammlung des Bezirks Altstadt-Lehel sowie auf Nachfrage des Münchner Zentrums. Als »probates Mittel in der Altstadt« habe sich ferner der Weg zu Fuß bewährt, fügte er hinzu.

Es wäre das denkbar ungünstigste Szenario für die Ordnungshüter: Mitten im Zentrum, an der Sonnenstraße beispielsweise, ereignet sich ein schwerer Unfall. Der Alarm geht in der Zentrale an der Hochbrückenstraße 7 ein. Doch die Mannschaft kann nicht ausrücken, weil die Straßen mit Autos verstopft sind. Während der Abschleppdienst verständigt wird, steigen die Beamten also in die U-Bahn, um so schnell wie möglich am Unfallort anzukommen. Die Fahrzeuge für den Abtransport oder Krankenwagen allerdings können nicht auf ihre Apparaturen verzichten und müssen sich mühsam ihren Weg bahnen. Wertvolle Zeit geht verloren – Zeit, die unter Umständen über Leben und Tod entscheidet. Deswegen der dringende Appell des Polizeidirektors in der Bürgerversammlung: »Benutzen Sie die öffentlichen Verkehrsmittel und lassen Sie das Auto zu Hause, besonders zur Weihnachtszeit!«

Die Feuerwehr hat dasselbe Problem wie die Polizei. Deshalb sorgte sich auf der Bürgerversammlung die Anwohnerin Monika Oberndorfer um die Sicherheit in der Altstadt: »Die meisten Wohnungen sind mit Holzmöbeln ausgestattet. Wie schnell ist die Feuerwehr vor Ort, wenn die Straßen mit Autos dicht gemacht sind?« Sie hat Angst davor, dass jede Hilfe zu spät kommt, wenn ein ausgedörrter Weihnachtsbaum Flammen fängt – und ein Wohnzimmer im Viertel in Brand setzt. Denn nur wenn die Strecke weitgehend verkehrsfrei ist, so fürchtet sie, könnten die Löschfahrzeuge rechtzeitig helfen. Eine Sorge, die Stadtrat Richard Quaas (CSU) teilt: »Man sollte das Auto unbedingt daheim lassen!«, rät er daher.

Nicht nur zu Bränden und Unfällen muss die Polizei freilich ausrücken – denn die innerstädtischen Weihnachtsmärkte sind bekanntlich ein Dorado für Taschendiebe: 911 Mal haben Langfinger im vergangenen Jahr erfolgreich in der Altstadt zugeschnappt – ein trauriger Rekord. Deswegen startet auch heuer wieder das Präventionsprojekt »Zeigen Sie dem Taschendieb die rote Karte«, das von Einzelhändlern, Verkehrsbetrieben und der örtlichen Gastronomie unterstützt wird. Rafael Sala

Artikel vom 05.12.2006
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