Albrecht Ackerland über Fußball und Gewalt

„Da schau her“

So leid es mir tut, liebe Leser, diese Woche bekommen sie keine allzu große Gaudi zu lesen und eine augenzwinkernde schon gleich gar nicht. Es geht um Fußball. Längst habe ich ein mittelmaues Gefühl, wenn ich im Fanblock der Sechzger stehe. Wobei das ohnehin schon längst nur noch selten vorkommt. Was nicht am Fußball der Löwen liegt, der ja derzeit ganz ordentlich gespielt wird. Meine seltenen Besuche haben auch nichts damit zu tun, dass ich ja klammheimlich diesen überheblich-faulen und eben erfolgreichen Fußball des Konzerns FC Bayern ganz gut finde.

Ich sag’s ganz deutlich: im Herzen bin ich ein Sechzger. Klar.

Das maue Gefühl im Zuschauerblock rührt von einem Bayernligaspiel vor ungefähr fünfzehn Jahren. Eigentlich waren diese unterklassigen Zeiten große Zeiten, kein anderer Mini-Ligist wartete mit derartigen treuen Fanscharen auf – höchstens vielleicht noch der FC St. Pauli in Hamburg.

Ich glaub, es war ein Auswärtsspiel in Lohhof. Am Ball war ein gegnerischer Spieler. Einer, mit sichtlich afrikanischen Vorfahren. Ich stand im Fanblock zwischen all den Kuttenträgern, immer ein Spaß eigentlich. Nur als eben der Spieler am Ball war, ertönte um mich herum ein lautes U-U-U-U-U. Das sollte nach Affengeschrei klingen. Ich ließ meinen vollen Bierbecher fallen, es spritzte herrlich. Und ich verließ das Stadion. Ekelhaftes Rassisten-Pack, dachte ich mir. Fans, die sich gerne „Löwen-Fans gegen Rechts“-Aufnäher an ihre Jeanskutten nähen.

Wenn neuerdings wieder über Gewalt unter Fußball-Fans diskutiert wird, muss ich mich immer an dieses Spiel erinnern. Denn: nichts anderes als Gewalt war dieses Affengeschrei. Schlimmere Gewalt, als wenn sich ein paar Idioten gegenseitig den Schädel ein wenig härter streicheln. Ich weiß nicht, ob’s solche Kommentare bei gegnerischem Ballbesitz immer noch gibt. Dafür bin ich, wie gesagt, inzwischen zu selten im Stadion. Aus dem Osten des Landes, aber auch aus Augsburg, hört man derzeit aber Schlimmes. Dunkelbraune Fans von Viertliga-Vereinen, die offen und anscheinend unkontrollierbar ihren ekelhaften Ausländerhass zelebrieren. Und sich wundern, dass ihre Vereine immer in den niederen Klassen spielen. Kein Wunder: Wenn sich keine Fußballer von auswärts mehr wirklich spielen trauen. Hoffentlich müssen wir hier so etwas nie erleben, und hoffentlich geht es mit diesen grauenhaften Umtrieben – egal wo – bald zu Ende. Denn wehret den Anfängen von miesem Fußball. Der findet eben auch und vor allem auf den Rängen statt.

Artikel vom 30.11.2006
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