Bewohnerstammtisch Hasenbergl-Nord seit 15 Jahren seinem Motto treu

Hasenbergl · Kein Blatt vor dem Mund

»Wir müssen aktiv bleiben«: Hans Sedlmaier vom Bewohnerstammtisch.	gf

»Wir müssen aktiv bleiben«: Hans Sedlmaier vom Bewohnerstammtisch. gf

Hasenbergl · Das ist schwer zu begreifen. Sie sind weder Verein noch politisches Gremium; auch keine Organisation im eigentlichen Sinne. Und trotzdem feierte der Bewohnerstammtisch Hasenbergl-Nord »Die Hasenbergler« am vergangenen Montag in gemütlicher Runde sein 15-jähriges Bestehen. »Es ist schon erstaunlich, dass sich der Stammtisch so lange gehalten hat«, wunderte sich Bezirksausschussvorsitzender Dr. Rainer Großmann respektvoll auf der Feier im »Blauen Punkt«.

Man sei sich eben in all den Jahren treu geblieben, begründet Hans Sedlmaier, Sprecher des Bewohnerstammtisches, den Erfolg. »Unser Motto lautet noch immer ›Mitreden, Mitgestalte, Mitentscheiden‹.« Die drei M’s waren einst das Credo eines Volkskurses von Vhs und dem Verein Urbanes Wohnen in den 80er Jahren. Ziel des Seminars sei es gewesen die Bürger an der »Nachverdichtung« des Hasenbergls enger zu beteiligen.

»Das Problem stellte sich allerdings schnell heraus: Idee und Vorschläge der Bewohner – oft aus dem ›Bauch heraus‹ vorgetragen – wurden von den ›Fachleuten‹ schnell mal als unrealistisch heruntergespielt.« Um die konkreten Vorschläge mit »einer Stimme« vorzutragen kam am 12. November 1991 zum ersten Mal der Bewohnerstammtisch zusammen.

Und die Stimme fand Gehör. Inzwischen kann der Stammtisch auf zahlreiche Projekte zurückblicken. Eine Tempo-30-Zone im Hasenbergl-Nord haben sie gleich zu Beginn durchgesetzt. Auch Pavillon und Spielplatz im Park hinter dem AWO-Seniorenheim in der Stösserstraße geht auf das Konto der vereinigten Bewohner. Seit 1996 gibt es die regelmäßigen Flohmärkte am Goldschmidplatz. So wurde der Bewohnerstammtisch auch in die Planung des Goldschmidplatzes einbezogen, den sie seit dem Jahr 2000 auch ehrenamtlich verwalten. Im Mittelpunkt steht dabei das Blaue Haus als Anlauf- und Treffpunkt des Bewohnerstammtisches.

Ihr jüngstes Projekt wurde direkt auf dem Jubiläum vorgestellt. Die Haushaltsumfrage des Bewohnerstammtisches aus dem vorigen Jahr ist inzwischen ausgewertet worden. Ein statistisches Datenwerk, »das es bis jetzt so noch nicht gibt«, meint Sedlmaier. Denn der Bezirk Feldmoching-Hasenbergl sei groß, »doch das Hasenbergl-Nord hat mit seinen ganz eigenen Problemen zu kämpfen.« So stellt die Studie heraus, dass von der ursprünglichen Planung des Gebietes, die Bewohner nur kurzfristig an den Stadtteil zu binden, heute nichts mehr übrig ist. »Die größte Gruppe, mit 47 Prozent, bilden die Personen, die über 30 Jahre im Stadtviertel leben.« Die meisten davon würden laut eigenen Angaben ununterbrochen in ihrer eigenen Wohnung leben.

Die blanken Zahlen nehmen kein Blatt vor den Mund. Auch wenn der Bewohnerstammtisch sich offiziell nicht als politisches Gremium begreift, übt das Ergebnis der Haushaltsumfrage schon deutliche Kritik an den Maßnahmen der vorigen und der aktuellen Bundesregierung im sozialen Bereich. Bereits im Vorwort wird festgestellt, dass »die sozialen Dienste und Bewohnerorganisationen (im Hasenbergl-Nord, Anm. d. Red.) seit einigen Jahren (...) zunehmende finanzielle Engpässe und Notlagen in den Haushalten feststellen. Als Ursachen werden die Pauschalisierung der Sozialhilfe, die Gesundheitsreform, (...) steigende Gebühren in öffentlichen Einrichtungen und allgemeine Preissteigerungen genannt. Herkömmliche Hilfssysteme reichen schon länger nicht mehr aus, um individuelle Notlagen zu überwinden.«

Da kann sich Sedlmaier im Namen aller nur wünschen, was er in seiner Begrüßung auf dem Jubiläumsfest ausgesprochen hat: »Ich hoffe und fürchte, dass wir noch mindestens weitere 15 Jahre aktiv sein müssen.« G. Feind

Artikel vom 21.11.2006
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