Albrecht Ackerland über Elternführerscheine

„Da schau her“

Sicher kann sich kein Mann sein, ob er wirklich noch kein Vater ist. Natürlich habe auch ich dieses Bewusstsein. Gehört habe ich über die Jahre aber nichts von einer Vaterschaft. Zwar gab es den ein oder anderen Moment, als die Biene gerade keine Visitenkarte dabei hatte bei der Blüten-Visite, aber ich gehe davon aus, dass ich kinderlos bin. Sicher ist jedenfalls, dass ich nicht erzieherisch tätig bin.

Das ist eigentlich sehr schade, wie gerne würde ich mein Vierjähriges ans Klavier setzen, mit ihm ins Museum gehen, ganze Samstage lang ferngesteuerte Flugzeuge fliegen lassen, Fußball schauen, zusammen Essen kochen, auch wenn das Gemüseschnippeln geschätzte sieben Stunden dauert. Aber wer weiß: kommt vielleicht, nein: hoffentlich noch. Sie haben ja sicherlich auch schon von Charles Chaplin gehört. Eigentlich aber möchte ich keinem Kind einen Vater wünschen, der bei der Geburt schon 73 Jahre alt ist.

Obwohl der sicherlich die richtige Coolness, Erfahrung und die perfekte Mischung aus Strenge und Milde mitbringt – wer so spät noch so aktiv in allen Lebensbereichen ist, dass Kinder herauskommen, der kann schließlich nicht altersstarr sein.

Da haben es viele Eltern im normalen Elternalter schon schwieriger. So ein Nachwuchs, da bin ich mir sicher, bringt einen über die Jahre immer wieder gehörig an die Grenzen. Das auszuhalten, damit umzugehen, ein Kind trotz allen Tiefs glücklich großzuziehen – diese Fähigkeit hat nicht jeder selbstverständlich.

Es ist manchmal schon sehr ärgerlich, wenn man an einem sehr zugigen Tag Säuglinge im Freien ohne Mütze sieht. Es ist schon sehr ärgerlich, wenn man in so manchen Einkaufswagen einer Mutter sieht – entweder weil der Inhalt erahnen lässt, wie weit es her ist mit dem Bewusstsein über gesunde Ernährung, oder aber, weil das Kleine, dessen Milchzähne gerade wachsen, brav am vierten Zuckerlutscher nuckelt. In solchen Fällen kann man schon froh sein, wenn im Fernseher daheim wenigstens die Sendung mit der Maus läuft – ein Traum wohl, gibt es doch von morgens um Sechs bis abends um Acht auf allen Kanälen ein Vollwaschprogramm, das die Kinder doch so herrlich ruhig stellt.

Schlimm genug, dass es erst solch schrecklicher Ereignisse bedarf, wie sie in den letzten Wochen bekannt wurden, um ein Nachdenken anzustoßen über die Gefahr durch Eltern. Denn leider wie offensichtlich ist: Nicht jeder fühlt richtig für sein Kind.

Deshalb: Her mit allem, was Kindern nützt, was sie weiterbringt, sie schützt vor all dem Wahnsinn, der immer noch größer zu werden scheint. Schlimm genug, dass erst jetzt darüber nachgedacht wird, Kinderrecht in die Verfassung zu schreiben. Her mit dem Elternschein, damit alle das Elterngeld wirklich verdienen, das hoffentlich bald kommt.

Artikel vom 19.10.2006
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