Stadt-Bewohner: In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

Johann Baier und die »Freunde Haidhausens«

Liebt und kennt Haidhausen: Johann Baier. Foto: dkoe

Liebt und kennt Haidhausen: Johann Baier. Foto: dkoe

Haidhausen · Es gibt wohl keinen Stein in Haidhausen, den Johann Baier in den letzten 40 Jahren nicht umgedreht hat. Denn während andere ihr Heil in fernen Ländern suchen, biegt er nur einmal um die Ecke. Und erzählt die schönsten Geschichten darüber.

Akkurat liegen die Bücher auf dem Tisch mitten in der Stube. Bücher, die Johann Baier geschrieben hat, Bücher über seine große Liebe – Haidhausen. Seit knapp vierzig Jahren lebt und sucht der 70-Jährige die Geschichten seines Viertels. »Dabei bin ich noch nicht mal hier geboren«, sagt der pensionierte Gymnasiallehrer.

Nach dem Krieg hatte er einige Jahre auf dem Land verbracht, bevor es ihn über Milbertshofen und das Glockenbachviertel nach Haidhausen verschlagen hat. Inzwischen hat er dort 38 Jahre lang gearbeitet, war Mitglied des Pfarrgemeinderats, der Johannisbläser, des Bezirksausschusses und Leiter der Nachbarschaftshilfe. Seine chronistischen Ambitionen entstanden allerdings nicht von selbst: Anlässlich des 100-jährigen Pfarrjubiläums der Gemeinde St. Johann Baptist wurde Baier gefragt, ob er einen Artikel über die Gemeindegeschichte verfassen wolle. Er wollte – und heraus kam ein Buch von knapp 100 Seiten. »Ich konnte mich einfach nicht kürzer fassen«, sagt Baier beinahe entschuldigend – und verweist auf seinen beruflichen Hintergrund. »Ich bin eben immer noch Lehrer.« Doch das erklärt nicht alles: Baier ist ein Liebhaber guter Geschichten und ein akribischer Sammler von Daten, Landkarten, Bildern. Was ihm alleine nicht reicht: »Es wäre doch langweilig, würde ich dieses Wissen und diese Leidenschaft nicht mit anderen teilen«, sagt Baier entschlossen.

Seit Januar 2002 ist er Vorsitzender des Vereins »Freunde Haidhausens«. Dort kümmert er sich gemeinsam mit den circa 120 Mitgliedern um das kulturelle Angebot seines Viertels. Stadtführungen und Ausstellungen gehören zu den beliebtesten Programmpunkten seines Vereins, der seinen Sitz im geschichtsträchtigen Üblacker-Häusl hat. »Wir versuchen, Haidhausener Künstlern ein Forum zu geben, allerdings darf man den Rest Münchens nicht vergessen. Schließlich gibt es in der Stadt mehr als 3.000 akademisch ausgebildete Künstler.«

Ab 12. September etwa gastiert die chinesische Malerin Su Yeon Shim im Üblacker-Häusl. »Wir haben elf Vernissagen im Jahr – eine Menge Arbeit, aber auch viel Spaß.«

Am liebsten jedoch erklärt Baier bei Stadtteilführungen die Eigenheiten Haidhausens: am 6. September, 10 Uhr, geht es etwa »Vom Wiener Platz zum alten Haidhauser Dorfanger« (Treff: Maibaum am Wiener Platz), am 9. September, 14.30 Uhr; führt Baier durch das Grün am Isarhochufer (Treff: St. Nikolai gegenüber Gasteig). »Man muss immer noch einige Dinge klarstellen: Unsinn ist etwa, dass beim Krankenhaus Rechts der Isar früher Lehm abgebaut wurde. Die Lehmzunge verläuft viel weiter oben.« Baier lacht. Er weiß, dass gerade wieder der Erdkundelehrer in ihm durchgekommen ist. Daniel Köhler

Artikel vom 30.08.2006
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