In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Münchner Nachbarn vor

Stadt-Bewohner · Federbett, Zwiebeln & 230 PS

Hubert Luible mit seinem Buch über die ungewöhnliche Reise nach Indien – in zwei BMWs. Foto: Privat

Hubert Luible mit seinem Buch über die ungewöhnliche Reise nach Indien – in zwei BMWs. Foto: Privat

Maxvorstadt · Wie das Klischeebild des ständig seine eigenen Grenzen überschreitenden Abenteurers sieht Hubert Luible im Moment nicht aus. Der 30-Jährige trägt Anzug, eine bunte Tasche aus Recyclingmaterial, wie sie gern Architekten haben, und eine modische Kurzhaarfrisur. Er wohnt seit langem in der beschaulichen Maxvorstadt und arbeitet in der Personalabteilung einer großen Firma. Alles ganz solide. Nur Pauschalurlaub kommt für den gebürtigen Augsburger eher nicht in Frage.

Kurz vor seiner Diplomarbeit in Sozialpädagogik und nach Touren durch die Sahara, Asien, Neuseeland, Afrika und Russland setzte er 2003 einen langgehegten Traum um: Mit seinen zwei Freunden Rammi und Daniel in einem Monat über die Türkei, den Iran, Afghanistan und Pakistan nach Indien zu fahren. Kurz nach dem Afghanistan- und unmittelbar vor dem Irakkrieg. Durch Länder, vor denen das Auswärtige Amt Reisende regelmäßig warnt. 11.000 Kilometer, In Autos, die »billig, gemütlich und schneller als die dortige Polizei« sein sollten, nämlich in zwei schweren BMW 735i, mit 230 PS, vor zig Jahren mal Luxusschlitten, 2003 für jeweils 750 Euro erstanden. Über diese ungewöhnliche Reise hat Luible nun ein Buch geschrieben: »Fa(h)r away – Auf dem Landweg nach Indien« (16,80 Euro, im Buchhandel oder unter www.fahraway.de).

Wie das so war in den verschneiten Bergen Ostanatoliens, mit weniger wohlgesonnenen Grenzbeamten oder die Tour nach Kandahar unter Polizeischutz, das erzählt Luible auf 230 Seiten, Tag für Tag, witzig und wahrheitsgetreu, wie er versichert, in seinem bebilderten Reisebericht. Dabei erlebt der Leser nicht nur die teils abstrusen Situationen an diversen Grenzen mit, sondern auch den doch so anderen Alltag in den fremden Ländern – die man vorwiegend aus den Nachrichten im Zusammenhang mit politischen Krisen kennt. »Zu 95 Prozent waren die Menschen, denen wir begegnet sind, sehr nett und gastfreundlich« – auch wenn sie die BMW stets für Mercedes gehalten und die drei Deutschen immer über den FC Bayern und Schalke ausgequetscht hätten.

Statt im Outdorfachhandel haben sie sich unter anderem bei Aldi ausgerüstet, mit einem Kofferraum voller klimaunempfindlicher Fertiggerichte wie Feuerzauber-Eintopf oder Müsli, aber auch vakuumiertem Leberkäs und süßem Senf. Alles, was Komfort und Luxus betreffe, »ist meiner Ansicht nach nicht so wichtig – und konnten wir uns eh nicht leisten.« So hatte Luible statt teurem Hightech-Schlafsack ein Federbett dabei. Und eine Cordhose »steht mir eh besser als so ein Multifunktionsding«, findet er. »Sparen sollte man aber auf gar keinen Fall an Dingen, die die Sicherheit betreffen, wie Impfungen, Medikamente, Werkzeug und gute Straßenkarten«, betont Luible.

Dass die Drei nach ihrer Tour gen Fernen Osten wieder pumperlg’sund in Bayern ankamen (»Wir hätten mit den Karren ja schon in Salzburg liegen bleiben können«), schreibt Luible nicht zuletzt dem anscheinend magenfreundlichen Trick zu, vor dem Genuss einheimischer Küche eine rohe Zwiebel zu essen. Eins aber gelobigt Luible bei der nächsten Abenteuerreise mit seinen Kumpels, die auf indischen Enfield-Motorrädern von Neu-Delhi auf dem Landweg nach Australien führen soll: »meinen Eltern, die um mich gebangt haben, schicke ich dann mehr als eine Postkarte nach Hause!« M. Schmid

Artikel vom 22.08.2006
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...