Studentenverbindungen bringen Anwohner um den Schlaf

Altstadt · »Das ist echt unerträglich«

Sieht edel aus, macht aber jede Menge Lärm: Im Haus am Kosttor 1 sind drei Studentenverbindungen untergebracht, die gerne nächtens feiern. Die Nachbarn werden dadurch um ihren Schlaf gebracht. Foto: ras

Sieht edel aus, macht aber jede Menge Lärm: Im Haus am Kosttor 1 sind drei Studentenverbindungen untergebracht, die gerne nächtens feiern. Die Nachbarn werden dadurch um ihren Schlaf gebracht. Foto: ras

Altstadt · Nach 25 Jahren Lärmbelästigung hat Paul Linke die Nase gestrichen voll. Seit er 1981 ins Mietshaus am Kosttor 3 gezogen ist, schläft er schlecht. Denn er und sieben weitere Miet-Parteien haben lärmende Nachbarn: Genau gegenüber, in einem mehrgeschossigen Haus am Kosttor 1, sind drei Studentenverbindungen untergebracht.

Und diese feiern gern und laut: Bis vier Uhr morgens und länger veranstalten sie regelmäßig ihre Partys – im Haus und davor. »Das ist unerträglich«, klagt Linke.

Das nächtliche Ritual ist zur Farce verkommen: Wenn Linke gegen zwei Uhr morgens völlig entnervt zum Telefon greift und das Haus gegenüber anklingelt, antwortet ihm eine höfliche Stimme. »Okay, ich regle das«, sagt jemand – und bittet um Entschuldigung. Ein Zuruf erfolgt von oben, für eine halbe Stunde ist es draußen auf dem Platz tatsächlich ruhiger.

Doch dann geht es wieder los: »Dann singen und grölen sie wieder, an Schlaf ist nicht zu denken«, schimpft Linke. Dann fallen wieder Gläser zu Boden, die Stimmen überschlagen sich im Gegröle. Manchmal werden sogar Spaghettis aus dem Fenster geworfen. Es geht ordentlich zur Sache bei »Corps Rheno Palatia«, »Corps Hercynia« und »Corps Vidruvia«. »Besonders schlimm ist es im Sommer, wenn sich alle am Brunnen aufhalten, dann kehrt bis früh in den Morgen keine Ruhe ein«, ereifert sich Linke.

Aber auch wenn drinnen gefeiert wird, sei die Musik so laut, dass die dröhnenden Bässe die Fenster der Anwohner vibrieren lassen. Ruhepause im Winter? Mitnichten! »Nur in den Semesterferien ist es besser.« In seiner Verzweiflung hat sich der um den Schlaf Gebrachte an die Polizei gewandt – ergebnislos. Zwar schaue die immer wieder mal vorbei und verwarne die Studenten. Doch: »Wenn die Polizei weg ist, geht das Ganze wieder von vorne los.« Auch die für das Anwesen zuständige Hausverwaltung Rohrer bemüht sich seit Jahren, dem unliebsamen Treiben am Platzl Einhalt zu gebieten – ebenfalls umsonst.

»Meistens ist ein Anrufbeantworter geschaltet, wenn ich dort anrufe, niemand fühlt sich zuständig«, schildert Sprecherin Ursula Köder. Kyril Davidoff, Sprecher und Chef der »Corps Rheno Palatia«, räumt ein, dass die Situation »öfter mal aus dem Ruder gelaufen ist« – allerdings »definitiv nicht täglich«. Er werde aber sein Bestes geben, »damit alles wieder in zivilisierte Bahnen gelenkt wird und ein besseres Verhältnis zu den Nachbarn entsteht«. Zunächst wolle er seine Kameraden durch Reden zur Raison bringen. Dass seine Verbindung allerdings eine andere Bleibe sucht, in der sie ungestörter feiern könnte, sieht er nicht ein: »Unsere Verbindung ist seit 1899 am Platzl zu Hause. Wir gehören dazu wie das Hofbräuhaus.«

Linke betont, es gehe ihm auch gar nicht darum, die Studentenverbindungen zu vertreiben: »Wir wollen nur, dass nachts endlich Ruhe einkehrt.« Rafael Sala

Artikel vom 22.08.2006
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