Die Bonanza-Radtour rund um Bad Tölz war ein einmaliges Erlebnis

Oberföhring / Bad Tölz · Der Kult auf zwei Rädern

So fühlte ich mich nach 40 Kilometern auf dem Bonanza-Rad. Foto: cr

So fühlte ich mich nach 40 Kilometern auf dem Bonanza-Rad. Foto: cr

Oberföhring / Bad Tölz · Dreigangschaltung, Trommelbremse, Bananensattel, 40 Kilometer, 250 Höhenmeter – soweit die Ausgangssituation. Hochmotiviert startete am vergangenen Wochenende eine Gruppe wildgewordener Radlfreaks mit Bonanza-Rädern beim Jedermann-Rennen der Deutschland-Tour rund um Bad Tölz – und ich mittendrin.

Die Bezeichnung »Jedermann-Rennen« ist dabei allerdings recht breit auszulegen. Denn eigentlich waren nur äußerst ambitionierte Rennradfahrer unterwegs, so dass die Bonanza-Truppe mehr als aus der Reihe fiel.

Als wir auf unseren neon-orangenen Rennern mit dem auffälligen TriTop-Schriftzug vom Parkplatz Richtung Startaufstellung rollten, rollte auch so mancher Zuschauer mit den Augen. Sogar die geschäftigen Profi-Biker verrenkten sich die Hälse, als sie ihren Leichtgewicht-Rennmaschinen den letzten Schliff verliehen.

Was mag wohl in ihren Köpfen herumgespukt sein… Das kann nicht euer Ernst sein? Fahren diese Relikte aus den 70er Jahren überhaupt die geforderte Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Kilometern pro Stunde. Bei den lautlosen Gedanken blieb es bei einigen nicht: »Wahnsinn, wollt’s ihr wirklich damit an den Start gehen«, artikulierte einer der Rennradler sein Unverständnis für unser Vorhaben.

Mit dabei auch ich, ein Oberföhringer Mädel, das wohl nicht so ganz wusste, auf was es sich einließ, als ihr Kollege fragte, »magst nicht beim Bonanza-Radln mitmachen«. Sollte ich meine spontane Antwort, »klar bin ich dabei«, etwa bereuen? Pünktlich um halb elf fiel auch schon der Startschuss für die Gruppe A – die ganz wahnsinnigen Radler. Knapp zehn Minuten später, setzte sich dann auch der Bonanza-Tross in Bewegung.

Jetzt gab’s kein Zurück mehr. Doch die ersten Meter aus der Startaufstellung heraus waren einfach fantastisch und meine anfänglichen Zweifel waren wie weggeblasen. Mit einer Mischung aus lachendem Unverständnis und schlichter Freude über den ungewöhnlichen Anblick peitschten mich die am Straßenrad stehenden Zuschauer voran. Doch die Euphorie nahm am ersten Berg ein jähes Ende. Erster Gang, die Oberschenkel brennen und das laute Japsen lässt sich auch nicht mehr verbergen. Das könnte hart werden…

Und so waren auch die ersten zehn Kilometer kein Zuckerschlecken. Längere Anstiege ließen mich das eine oder andere Mal an meiner Kondition – die ich eigentlich nicht für so schlecht gehalten hatte – zweifeln. Doch dann ging es plötzlich besser voran. Die schöne Landschaft, das wider Erwarten angenehme Wetter – immerhin blinzelte sogar ab und zu die Sonne zwischen den beängstigend schwarzen Gewitterwolken hervor – und vor allem die zahlreichen Zuschauer am Wegesrand machten die folgenden Kilometer zu einem wahren Vergnügen.

Aber zu früh gefreut, der nächste Anstieg ist schon da. Nur noch 100 Meter bis zur Versorgungsstation, doch diese Meter wurden erneut zur Kraftprobe. Am letzten Berg vor der ersehnten Pause hebe ich mich träge aus dem Sattel und krieche im Wiegetritt langsam nach oben und habe tatsächlich 25 Kilometer hinter mich gebracht – ein tolles Gefühl. Am Versorgungsstand angekommen, sind die Bonanza-Räder sofort wieder Gesprächsthema Nummer eins. Mit Banane und Mineraldrink gestärkt fliegen die nächsten fünf Kilometer gerade so an mir vorbei. Vermutlich deshalb, weil ich mich im Windschatten meines Vordermanns – hier einen großen Dank an meine bessere Hälfte – versteckt habe. Mitten durch die Fußgängerzone von Bad Tölz führen die letzten Meter des Rennens. Kopfsteinpflaster rüttelt an den kleinen Reifen des Bonanza-Rads, es geht steil bergauf, meine Oberschenkel brennen wie Feuer.

Meine Kraft war aufgebraucht. Wie ich die 500 Meter durch die Tölzer Innenstadt überstanden habe? Keine Ahnung… aber irgendwie habe ich es bis ins Ziel geschafft. Und mit dem Ergebnis, zwei Stunden, zwei Minuten und Platz 41 bin ich auch mehr als zufrieden. Nächstes Jahr bin ich auf jeden Fall wieder dabei!

Artikel vom 08.08.2006
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