Die EU-Kommission fordert die Bundesregierung auf, für mehr Wettbewerb auf dem Postmarkt zu sorgen

München - Kampfansage an den Gelben Riesen

Mehr Farbe im Postgeschäft fordert die EU-Kommission.Foto: Archiv

Mehr Farbe im Postgeschäft fordert die EU-Kommission.Foto: Archiv

In Deutschland muss mehr Wettbewerb auf dem Postmarkt herrschen! Das fordert die EU-Kommission in Brüssel – und leitete daher in der vergangenen Woche ein so genanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung ein. Der Grund: Die Deutsche Post, ein ehemaliger Staatskonzern, ist weitgehend von der Mehrwertsteuer befreit – im Gegensatz zu ihren Konkurrenten auf dem Postmarkt.

„Das behindert den Wettbewerb“, schimpft László Kovács, EU-Kommissar für Steuern und Zoll.

Ein Post-Sprecher räumte ein, dass die Beschwerden der Mitbewerber „nachvollziehbar“ seien – und gestand den Kritikern zu, dass die Steuerbefreiung aus der Zeit des Post-Monopols stamme.

Allerdings schultere der Gelbe Riese auch die Kosten für die unwirtschaftlichen Teile des Postangebots: und stellt beispielsweise unabhängig von der Nachfrage flächendeckend Filialen auf. Der Sprecher warnte daher, dass vor allem Privatkunden das Nachsehen haben, sollte das Steuerprivileg fallen: denn auf sämtliche Briefe bis 2000 Gramm und Pakete bis 20 Kilo würde dann im Gegensatz zu heute die volle Mehrwertsteuer erhoben.

Indes, wenn große wie kleine Wettbewerber genau wie die Post besteuert – oder nicht-besteuert – werden, würde der Markt die Preise regeln – und vermutlich nach unten schrauben. Ein natürliches Gleichgewicht des Marktes und ein Wettkampf der Preise würde hergestellt.

Zurzeit müssen alle Post-Konkurrenten die normale Mehrwertsteuer von 16 Prozent auf ihre Leistungen zahlen. Mit der von der großen Koalition geplanten Erhöhung ab 2007 würden sogar 19 Prozent anfallen. Die Post dagegen ist privilegiert: alle ihre Dienste sind weitgehend steuerbefreit.

Die Wirtschaftsminister sämtlicher Bundesländer hatten bereits im vergangenen Jahr gefordert, das Steuerprivileg abzuschaffen: nach ihren Angaben beläuft sich der Vorteil der Post jährlich auf einen dreistelligen Millionenbetrag.

Auch Großbritannien und Schweden sind wegen der Postdienste übrigens ins Visier der EU-Kommission geraten. In Schweden allerdings ist das Problem ein anderes: dort müssen alle Postunternehmer, auch der wichtigste Dienstleister Posten AB, den gleichen Mehrwertsteuersatz abführen. Hier müsse es aber eine Ausnahme geben, erklärte die Kommission. Sie bat die drei Staaten nun zunächst um mehr Informationen – was einem ersten Schritt in einem rechtlichen Verfahren gleichkommt, das im Extremfall vor Gericht landet. Innerhalb von zwei Monaten müssen die jeweiligen Regierungen zu den Vorwürfen Stellung beziehen. Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 20.04.2006
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