Statt Staatsbeamte kümmern sich im Hasenbergl künftig Supermarktverkäufer um die Post

München - Das Postamt als Nebenjob

Wer darüber nachdenkt, dass der ehemalige Staatskonzern die Betreuung von sensiblen Briefen und Bankdaten aus Kostengründen an Supermärkte auslagert, der bekommt manches Mal Magenschmerzen. Foto: DPWN

Wer darüber nachdenkt, dass der ehemalige Staatskonzern die Betreuung von sensiblen Briefen und Bankdaten aus Kostengründen an Supermärkte auslagert, der bekommt manches Mal Magenschmerzen. Foto: DPWN

Auch das Hasenbergl hat es inzwischen erwischt: Statt einer normalen Postfiliale, die mit Postmitarbeitern besetzt ist, müssen die Bürger künftig im Minimal/Rewe in der Blodigstraße 6 ihre Briefe aufgeben. Bereits zum 1. April wurden die regulären Schalter am Frühlingsanger 8 dicht gemacht – ohne die Bürger zu informieren.

„Natürlich haben die Bürger Sorge, dass sich ihre Postgeschäfte nicht so seriös im Supermarkt erledigen lassen wie in einer Postfiliale“, klagt jetzt Rudolph Kühnel (SPD), stellvertretender Chef des Bezirksausschusses Feldmoching-Hasenbergl (BA 24).

Doch die Hasenbergler Bürger, stehen nicht alleine da mit ihren Sorgen: Am 24. April macht auch die Postfiliale in der Leonrodstraße 56 dicht (wir berichteten); stattdessen eröffnet eine Postagentur im Schreibwarengeschäft Kovacevic in der Lothstraße 15. „Natürlich sind auch wir skeptisch und wissen nicht, ob kleinere Geschäfte die Arbeit des Gelben Riesen auf seriöse Weise schultern können“, sagt Hans-Jörg Scheerer, Mitglied des Bezirksausschusses Neuhausen-Nymphenburg (SPD).

Mit den beiden neuen Standorten im Hasenbergl und Neuhausen gibt es dann münchenweit zehn Postagenturen - in Supermärkten oder Einzelhandelsgeschäften. Und in der Tat sollen die Läden das komplette Angebot normaler Postfilialen übernehmen. „Die fremden Mitarbeiter werden speziell geschult und unterliegen auch dem Post- sowie Bankgeheimnis“, heißt es immer wieder von Seiten des ehemaligen Staatskonzerns. Diese Versprechen sollen das merkwürdige Gefühl lindern, das so manchen Kunden befällt, wenn er in einer der rund 7.000 bundesweiten Postagenturen ein Einschreiben auf der Wursttheke aufgibt.

Für die Post ist die Vermengung von Privatwirtschaft mit hoheitlichen Aufgaben dagegen kein Problem, schließlich stärkt das Auslagern von Aufgaben das Betriebsergebnis: „Durch die Zusammenlegung von Einzelhandelsgeschäft und Postgeschäft lassen sich viele Synergien nutzen. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit für beide Seiten, und die Postkunden profitieren von den längeren Öffnungszeiten des Einzelhandels“, erklärt Hilger.

Das mag stimmen – und dennoch ist der Wegfall der Postfiliale beispielsweise im Falle der Leonrodstraßen-Post ein Problem für viele Anwohner: „Die neue Agentur befindet sich nicht wirklich in der Nachbarschaft der alten Filiale“, klagt BA-Mitglied Scheerer. „Das ist für ältere Bürger, die den ehemaligen Standort gewohnt waren, durchaus ein Problem.“ Hilger beruhigt: „Die Deutsche Post beabsichtigt, in unmittelbarer Nähe des bisherigen Standortes eine Filiale in Form eines so genannten Postpoints einzurichten.“

Ein Postpoint allerdings, wie er dieser Tage beispielsweise in der Moosacher Welzenbachstraße 30 errichtet wurde, bietet seinen Kunden lediglich ein Basisangebot: sie können dort Briefmarken kaufen und Pakete aufgeben, doch sie können keine Zusatzleistungen in Anspruch nehmen, beispielsweise keine Einschreiben aufgeben – und keine Postbank-Geschäfte erledigen. Ob das ein guter Ersatz ist für den Wegfall einer funktionierenden Filiale?

Artikel vom 06.04.2006
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