Ausstellung im Gasteig über den Autor und Wahl-Münchner Wolfgang Koeppen

Haidhausen · Leben im Widerspruch

Kannte Wolfgang Koeppen (1906-1996) sehr gut: die Münchner Autorin Asta Scheib.	Fotos: S. Moses, Privat

Kannte Wolfgang Koeppen (1906-1996) sehr gut: die Münchner Autorin Asta Scheib. Fotos: S. Moses, Privat

Haidhausen · Wenn es nach dem Schriftsteller Wolfgang Koeppen ging, roch München nach Bier. Und eigentlich hätte er nie hier bleiben sollen. Dennoch verschlug es den Autor 1943 an die Isar. Geblieben ist er über 50 Jahre – auch wenn sein Verhältnis zur Stadt stets ambivalent war. Zu seinem zehnten Todestag widmet ihm die Münchner Stadtbibliothek am Gasteig seit heute eine eigene Ausstellung und versucht Licht ins zum Teil undurchsichtige Leben des bedeutenden Nachkriegsautors zu bringen.

Zu seinen größten Erfolgen zählen die Romane »Tauben im Gras«, »Das Treibhaus« und »Der Tod in Rom«. Alle drei sind Mitte der 50er Jahre erschienen, doch danach konnte Koeppen die Erwartungen der Öffentlichkeit nicht mehr erfüllen. So wurde er bald als größter Schweiger der Gegenwartsliteratur bezeichnet, der seit 1974 immer wieder die Veröffentlichung eines neuen Romans ankündigte, aber nie umsetzte. »Der Gasteig ist nur einen Katzensprung von seiner alten Wohnung in der Widenmayerstraße 45 entfernt.

Dort hat ihm sein damaliger Verlag während seiner Schreibkrise die Skripte aus dem Arbeitszimmer wegraufen müssen. Trotz seiner Schreibkrise glaube ich, dass er ein witziger Mensch gewesen sein muss«, meint Sabine Kinder, Sprecherin der Stadtbibliothek Am Gasteig. Dabei scheint es eigentlich gar nicht so einfach, eine Ausstellung über einen Schriftsteller zu machen. Doch der Gasteig kann auf das umfangreiche Koeppen-Archiv in seiner Geburtsstadt Greifswald zurückgreifen, und versucht den Dichter durch Originalmöbel und viele Kunstinstallationen den Besuchern näher zu bringen.

»Er war ein Mensch im Widerspruch, das lag auch an seiner Vergangenheit als uneheliches Kind, das nie anerkannt wurde«, versucht die Schriftstellerin Asta Scheib ihren verstorbenen Freund zu beschreiben. Sie hatte Koeppen Mitte der 70er Jahre in der Kunstakademie kennen gelernt. Beide hatten nur einen Platz in den hinteren Reihen bekommen. Koeppen fragte Scheib, ob sie sich auch so langweile. Darauf gingen sie in eine nahe Weinstube. Erst dort erfuhr Scheib, wer ihr Gegenüber eigentlich war. Im Laufe der Jahre entwickelte sich eine Freundschaft die Scheib als »sehr behutsam und dezent berührt« bezeichnet. Ruhig und bescheiden sei er gewesen, hatte einen hohen künstlerischen Anspruch. Scheib versucht die Schreibkrise zu erklären: »Er hat in seiner Romantriologie die Befindlichkeiten der Bundesrepublik vorweggenommen und sich als politischer Autor verstanden. Ich glaube er konnte mit den galoppierenden Medien nicht mehr mithalten, und schrieb daher lieber für die Schublade.« Aber das unablässig, bis es seine Parkinson-Erkrankung nicht mehr zuließ. Im Englischen Garten ging er jeden Tag mit Hündin Pula spazieren die auch gern mal die Reste seiner Mahlzeiten essen durfte: »Wenn er essen ging, musste das Restaurant einem gewissen Niveau entsprechen und seine Kriterien erfüllen. Er konnte auch gar nichts essen, wenn ihm etwas nicht passte«, schmunzelt Scheib. Dennoch sind sich Scheib und Kinder sicher: »Die Ausstellung hätte ihm gefallen.« Wer sich selbst ein Bild vom widersprüchlichen Autor machen möchte, kann die Ausstellung in der Gasteig-Glashalle täglich 8 bis 23 Uhr besuchen, der Eintritt ist frei. Kathrin Schubert

Artikel vom 14.03.2006
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