„Fehlfarben“ revoluzzen auch noch nach 26 1?2 Jahren

München - Wir waren Helden

Die „Fehlfarben“ live und in Farbe gibt’s am kommenden Samstag in der Muffathalle zu sehen. Foto: VA

Die „Fehlfarben“ live und in Farbe gibt’s am kommenden Samstag in der Muffathalle zu sehen. Foto: VA

Die „Fehlfarben“ sind, auch wenn sie das wohl nie sein wollten, Volksgut. Um dies zu sein, muss man einfach das richtige Album zur rechten Zeit herausgebracht haben. In ihrem Fall „Monarchie und Alltag“ –1980. Damals also, als es irgendwie noch ziemlich nazimäßig – alternativ: schlagermäßig – rüberkam, auf Deutsch zu singen.

Bei den „Fehlfarben“ kam es erstaunlicherweise revoluzzermäßig rüber. Damals – ja damals. Im Nachhinein will damals jeder ein Punk gewesen sein – und kein Neue Deutsche Welle-Dauerwellenträger. „Junge, wer mit zwanzig kein Anarchist gewesen ist, aus dem wird später nie ein guter Demokrat“, sang 1984 die Band „Freiwillige Selbstkontrolle“ („FSK“). Der Spruch „Keine Macht für niemand“ dagegen war damals schon ein wenig überstrapaziert, denn eigentlich genossen auch die Linken ihre bisschen Macht: sie hatten endlich ein Sprachrohr mit der 1979 entstandenen „taz“, waren gut formiert und informiert, blockierten Häuser, Straßen, hatten Sympathisanten.

„Es geht voran“, sangen „Fehlfarben“, der Song begleitete Demos gegen Atomkraft und für Hausbesetzungen. Als Revoluzzer-Helden gelten „Fehlfarben“ nun immer noch: Und daher haben sie zu Beginn des neuen Jahrtausends, 20 Jahre nach Erscheinen des Werkes, die Goldene Schallplatte für „Monarchie und Alltag“ bekommen.

Dieser ein wenig nachhallende Ruhm verwundert nicht: „Fehlfarben“ beklagen heute wie früher „die Bild-Zeitung, das Fernsehprogramm und die allgemeine Stimmung im Land“, ebenso „Zeitgeist-Spießer“, Durchschnittsbürger, Geschäftstüchtige.

Trotz Goldener Schallplatte allerdings saßen sie 2002 laut Albumtitel „Knietief im Dispo“ – und sind damit gefragter denn je: dank des Kinofilms „Verschwende deine Jugend“ erlebte die deutschen New Wave/Punk-Anfänge jetzt eine Blüte; 2003 waren „Fehlfarben“-Konzerte besucht wie nie zuvor.

Inzwischen ist ein weiteres Album auf dem Markt – im 27. Jahr der Bandgeschichte. Mit dem Werk gastieren sie am Samstag, den 18. März, ab 20.30 Uhr, in der Muffathalle. Auf diesem „26 1?2“ singen „Fehlfarben“ alte Songs mit neuen Freunden: beispielsweise mit Helge Schneider oder Campino. Überraschend ist, dass Herbert Grönemeyer „Grauschleier“ intoniert – Grönemeyer, der sicher niemals Punk war. „Fehlfarben“-Frontmann Peter Hein hierzu: „Ich will mich heute von Grönemeyer-Ausgrenzern abgrenzen“. Und irgendwie passt das ja zusammen: Grönemeyer ist bekanntlich auch Volksgut. nan

Artikel vom 09.03.2006
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...