In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

Stadt-Bewohner

Astrid Pellengahr freut sich darüber, Gemälde wie dieses Werk von Antonio Pisanello und andere Exponate in gutem Licht zu präsentieren. Foto: nan

Astrid Pellengahr freut sich darüber, Gemälde wie dieses Werk von Antonio Pisanello und andere Exponate in gutem Licht zu präsentieren. Foto: nan

Innenstadt · Mächtige Hirschgeweihe, diverse Füchse und aberwitzige Wolpertinger: Münchens große Sammlung präparierter heimischer Fische, Wild- und Fabeltiere steht eine neue Direktorin vor: Astrid Pellengahr, promovierte Volkskundlerin, leitet seit 1. Januar das Jagd- und Fischereimuseum in der Neuhauser Straße.

Gegenüber 60 Konkurrenten hatte sich die quirlige 38-Jährige durchgesetzt – und das, obwohl sie nie zuvor auf der Jagd war. »Ich sehe das als Vorteil: 90 Prozent unserer Besucher sind weder Jäger noch Angler und wenn ich ein Experte wäre, würde ich mich vielleicht im Fach verlieren und keinen Blick mehr für die Interessen von Normalbürgern haben«, sagt sie. »Natürlich ziehe ich aber, wenn für meine Arbeit Fachwissen nötig ist, Experten zu Rate.«

Was aber die Museumsarbeit betrifft – da kann Pellengahr mit jeder Menge Erfahrung aufwarten: Zuletzt hat sie das Stadtmuseum in Kaufbeuren geleitet, zuvor im Allgäumuseum Kempten, im Bergbauernmuseum Immenstadt, im Ballonmuseum Gersthofen – und in diversen anderen Häusern mitgewerkelt. »Alle Museen, für die ich gearbeitet habe, haben kulturhistorischen Hintergrund«, sagt sie. »Diesbezüglich ist das Jagd- und Fischereimuseum natürlich ein Traum: Jagen und Fischen spielte in früheren Gesellschaften eine immense Rolle. Es ist spannend, das darzustellen.« Überhaupt sei die Leitung eines Museums in einer solchen Top-Lage und mit einer solchen Sammlung eine tolle Herausforderung.

Den Grundstock des Jagd- und Fischereimuseums, das 1938 im nördlichen Flügel von Schloss Nymphenburg eröffnet wurde, stellte seinerzeit die weltbekannte Geweihsammlung des Grafen Arco-Zinneberg aus. Zu Beginn des Krieges wurde das Museum geschlossen – und erst 1966 am heutigen Standort in Münchens Mitte wiedereröffnet. Seither dokumentiert es auf 3.000 Quadratmetern Jagd- und Fischereikultur von der Steinzeit bis heute. Die beliebtesten Stücke sind rund 1.000 präparierte Tiere, für die Wissenschaft bedeutsamer aber sind die Gemälde, das Porzellan mit Tiermotiven sowie die Waffen mit künstlerischen Gravierungen. Auch am Jagdschmuck von Augusta Viktoria, der letzten deutschen Kaiserin, bleiben die Besucher gerne stehen. All dies will Pellengahr künftig in noch besserem Licht präsentieren: »Es ist wichtig, die Museumsobjekte zum Sprechen zu bringen.« Daher will sie themenbezogene Führungen für Erwachsene sowie Pirschgänge für Kinder anbieten.

Die neue Museumschefin selbst war freilich bereits als Kind begeisterte Museumsgängerin: »Auch damals besuchte ich am liebsten kulturhistorische Ausstellungen – wenn der Museumsbesuch nicht zu lange und langweilig wurde«, sagt sie.

Inzwischen übrigens war sie sogar bei einer Jagd dabei. Mit Begeisterung: »Man nimmt den Wald intensiv wahr, wenn man drei Stunden zwischen den Bäumen steht und einfach nur lauscht: so eine Erfahrung schärft die Sinne«, sagt sie. Wer seine Sinne dagegen im Museum schärfen will – das Jagd- und Fischereimuseum hat täglich von 9.30 bis 17 Uhr, am Donnerstag bis 21 Uhr geöffnet. Nadine Nöhmaier

Artikel vom 08.02.2006
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