Rechtssprechung des Amtsgerichts München

Gehweg ist kein Parkweg

München · Ein dreieinhalb jähriges Kind beschädigt mit seinem Kinderfahrrad auf dem Gehweg radelnd einen teilweise auf diesem Gehweg geparkten Pkw. Haftet die Mutter auf Schadenersatz wegen Verletzung der Aufsichtspflicht?

Vor drei Jahren ging eine Mutter mit ihrer damals dreieinhalb jährigen Tochter im Münchner Westen spazieren. Das Töchterchen befuhr den Gehweg mit seinem mit Stützrädern ausgerüsteten Kinderfahrrad. Dabei stieß es an einem, teilweise auf dem Gehweg geparkten, Fahrzeug am linken Heck leicht an.

Der Eigentümer behauptete nun, an seinem Mercedes Benz, Typ 300 SL Roadster, sei ein Schaden von knapp 2.200,- DM entstanden und er habe Sachverständigenkosten in Höhe von knapp 300,- DM aufwenden müssen.

Dafür verklagte der Kraftfahrzeugeigentümer die Mutter des Kindes vor dem Amtsgericht München auf Zahlung von 2.500,- DM mit der Behauptung, diese habe ihre Aufsichtspflicht verletzt. Die erkennende Zivilrichterin des Amtsgerichts München wies die Klage ab. Nach durchgeführter Beweisaufnahme befand sie, dass eine Schadensersatzpflicht nicht besteht, weil die Mutter ihrer Aufsichtspflicht sehr wohl genügt hat.

Die Mutter war in relativ geringem Abstand hinter ihrem radelnden Töchterchen hergegangen. Sie hatte, ebenso wie ihr Mann, dem Kind ausreichend das Fahrradfahren ­ mit Stützrädern ­ beigebracht und es auch beobachtet, wie es täglich mit dem Kinderfahrrad von zu Hause zum Kindergarten fuhr, wobei bisher noch nie etwas passiert war. Sie hatten ihr Kind auch darauf hingewiesen, dass es vor oder neben parkenden Fahrzeugen jeweils langsam fahren soll. Der Vater hatte als Zeuge glaubhaft und im einzelnen nachvollziehbar bekundet, wie er mit der Tochter auf einem Parkgelände das Radeln und insbesondere das Bremsen geübt hatte.

Das Gericht stellte fest, dass es dennoch, wie hier geschehen, durch verschiedene Ereignisse zu kleineren Fahrfehlern kommen kann. Ein solches Ereignis kann hier gewesen sein, dass das später beschädigte Fahrzeug sich nicht wie andere Fahrzeuge am Straßenrand befand, sondern auf dem Gehweg geparkt war. Eine Verengung des Gehweges und eine Behinderung war dadurch gegeben. Die Klage wurde deshalb abgewiesen.

Hiermit gab sich der Kläger nicht zufrieden und legte Berufung beim Landgericht München I ein. Dieses stellte ebenfalls fest, dass die beklagte Mutter ihrer Aufsichtspflicht hinlänglich genügt hatte und bestätigte in vollem Umfang das Urteil. Es stellte, angeregt durch Rechtsbehauptungen des Klägers, ergänzend folgende Überlegung an: Es kann der Mutter nicht zugemutet werden, permanent die Lenkstange festzuhalten. Im Übrigen könne auch nicht verlangt werden, dass das Kind erst einmal ein Jahr auf Privatgrund oder Spielplätzen übt, bis es dann auf einem Gehsteig »fahren darf«. Eine solche Forderung ist in der Großstadt nicht erfüllbar.

Artikel vom 21.12.2000
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