Studentischer Gesangsverein trommelt gegen Musikclub Zerwirk

Altstadt · »Wie die Wildsäue«

Wenn nächtens das Partyvolk das Zerwirk belagert, herrscht wahrlich keine Friedhofsruhe mehr in Münchens Mitte.

Wenn nächtens das Partyvolk das Zerwirk belagert, herrscht wahrlich keine Friedhofsruhe mehr in Münchens Mitte.

Altstadt · Im Allgemeinen sind Münchens Studenten dem Partyleben nicht völlig abgeneigt – doch ein Tanztempel vor der Haustür ist auch für sie kein Spaß mehr: Seit im vergangenen Frühjahr der Club Zerwirk in der Ledererstraße seine Pforten geöffnet hat, sind die Bewohner des benachbarten Verbindungswohnheims des Akademischen Gesangsvereins um den Schlaf gebracht.

Die Studenten wandten sich deshalb in einem Brief an den Bezirksausschuss Altstadt-Lehel (BA 1): »Es ist nervtötend«, klagt Wohnheim-Sprecher Christian Schmidt.

Die studentischen Sangesbrüder sind nicht die einzigen, die sich an dem Tanzschuppen im historischen Zerwirkgewölbe stören: Seit der Eröffnung ist Zerwirk-Betreiber Michi Kern Zielscheibe des Zorns diverser erboster Anwohner und Stadtviertelpolitiker: »Die Wirte benehmen sich wie die Wildsäue«, befand beispielsweise BA-Mitglied Thomas Lange (SPD) im vergangenen Sommer und forderte sogar die Schließung der Lokalität in der früheren Wildfleischerei.

Seitdem haben sich einige Dinge getan: Die nicht genehmigten Clubveranstaltungen im ersten Stock wurden eingestellt, der Eingang des Clubs im Keller wurde – wie vom BA gefordert – in die Sparkassenstraße verlegt, Schallschutzfenster wurden eingebaut. Den Anwohnern hilft das nur bedingt: Einerseits lärmen auch die auf der Straße wartenden Partygäste, andererseits dringe nach Schmidts Angaben auch ansonsten Krach nach draußen: »Die Tür geht ständig auf und zu«, berichtet er. Im Sommer würden auch oft die Fenster aufgerissen. Kern bestreitet dies: »Unsere Fenster kann man gar nicht aufmachen.« Überhaupt versteht der Zerwirk-Chef nicht, warum die Studenten sich nicht direkt an ihn wenden, um die Problematik »unter Nachbarn« zu bereden: »Wir sind da allen Lösungen aufgeschlossen und gerne bereit, noch eine Lärmschleuse einzubauen.«

Max Witzigmann, einer der Wortführer der genervten Anwohner, wird das nichts mehr nützen: Er hat inzwischen die Notbremse gezogen und ist ausgezogen. Speziell seinen beiden Kindern sei die Lärmbelastung auf Dauer nicht zuzumuten gewesen. Nach Informationen von BA-Mitglied Angela Horbach-Wilson (Grüne) hat Kern ihm einen Teil der Umzugskosten erstattet – was der Zerwirk-Wirt so weder bestätigt noch dementiert: »Wir haben ihm freundschaftlich geholfen – er wollte sowieso umziehen.«

Die BA-Mitglieder genießen allerdings inzwischen alle Aussagen Kerns mit Vorsicht: »Er führt uns an der Nase herum«, glaubt Ingemar Faull (SPD). Das Gremium forderte in seiner jüngsten Sitzung erneut, dass das Kreisverwaltungsreferat (KVR) den Lärmpegel rund ums Zerwirk misst. »Wir sind dazu bereit, brauchen aber einen Anlieger, der uns für die Messungen ins Haus lässt«, erklärt KVR-Sprecher Christopher Habl. Jedenfalls werde sich das KVR noch diese Woche mit den Zerwirk-Betreibern an einen Tisch setzen, um die Problematik zu erörtern. Der BA erwägt außerdem, sich an den Vermieter zu wenden – den Freistaat Bayern. SPD-Mann Lange weist jedoch darauf hin, dass man den Anwohnern mit alldem nur bis zu einem gewissen Grad weiterhelfen könne: »Friedhofsruhe wird da nicht mehr einkehren.« Martin Hoffmann

Artikel vom 31.01.2006
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