Der EHC schrammt knapp am ersten Dreier seit langem vorbei – und verliert wieder

Panne in vorletzter Sekunde

Haben wieder neuen Mut gefasst - und trotzdem verloren: Der EHC ist zurzeit vom Pech verfolgt.

Haben wieder neuen Mut gefasst - und trotzdem verloren: Der EHC ist zurzeit vom Pech verfolgt.

Dann flog der Schläger. Gerade hätte Joey Vollmer, Goalie des EHC München, zum dritten Mal an diesem denkwürdigen Eishockey-Abend den Puck hinter sich aus dem Netz fischen und dem Schiedsrichter reichen müssen. Stattdessen aber holte er aus – und pfefferte seinen Schläger mit aller Gewalt nach oben ins Netz.

Gleichzeitig bedrängte ein Pulk aus blauen Spielern den Hauptschiedsrichter in der Mitte der Eisfläche. Mike Burman, derzeitiger Kapitän der Münchner, zeigte dabei abwechselnd auf den Linesman und seinen eigenen Schlittschuh. An der Bande stand währenddessen Coach Gary Prior kopfschüttelnd da und blickte fast verzweifelt nach oben. Manager Christian Winkler indes hatte solch einen roten Kopf, dass man sich, wäre er einige Jahre älter, Sorgen um sein Herz hätte machen müssen. Die Nordkurve stimmte ein gellendes Pfeifkonzert an.

Der Grund für diesen Ärger ist schnell erklärt: Die Bietigheim Steelers, zu diesem Zeitpunkt noch Tabellenführer der Bundesliga, hatten gerade eben den Treffer zum 3:3 gegen den derzeitigen Tabellenzwölften München gemacht. Nach den erschreckend schwachen Leistungen der Münchner in den letzten Wochen nicht gerade verwunderlich. Dass dieser Treffer ganze zwei Sekunden vor Schluss fiel, ist bitter – erklärt aber noch nicht diesen enormen Ärger. Dass die Münchner wegen einer Fehlentscheidung des Schiedsrichtergespannes die letzten zwei Spielminuten zu viert gegen sechs Bietigheimer Feldspieler spielen mussten, erklärt diesen Ärger schon mehr. Und dass der letzte Abwehrversuch der Münchner drei Sekunden vor Schluss an den Schlittschuh des Linesman prallte, von dort einem Bietigheimer Stürmer vor die Kelle sprang und dann irgendwie im Netz hinter Joey Vollmer landete – das macht den Ärger hundertprozentig nachvollziehbar.

„Für uns hat in der letzten Woche die Saison neu begonnen“, erklärte EHC-Präsident Jürgen Bochanski nach dem Spiel. Nach fünf Niederlagen in Folge hatte der Präsident zur Krisensitzung geladen. Anwesend waren neben der sportlichen Führung auch einige Führungsspieler. Ab sofort wolle man noch mehr an einem Strang ziehen, erklärten Trainer, Spieler und Bosse nach diesem Treffen. Gelegenheit, diesen neuen Team-Geist zu zeigen, hatten die Spieler am Freitag in Wolfsburg. Zwar ging das Spiel mit 3:5 verloren (Tore: Noel-Bernier, Guidarelli, Leinsle), aber die Mannschaft hatte eine gute Leistung gezeigt. Beim Heimspiel gegen Bietigheim am Sonntag dann sollte die gute Leistung auch in Punkte umgewandelt werden. Und der EHC begann furios: Die Fans rieben sich die Augen ob der vielen ansehnlichen Angriffe ihrer Mannschaft und der fast noch besseren, konsequenten Abwehrarbeit. Folgerichtige Konsequenz: Nach zwölf Minuten führte der EHC klar und verdient mit 2:0. Carlson auf Zuspiel von Pandolfo und Pandolfo selbst, der im Übrigen ein grandioses Spiel zeigte, hatten die Tore geschossen. Der Tabellenführer war chancenlos und wirkte überrascht von der neugewonnen Spielkultur der abstiegsbedrohten Münchner. Erst während einer 5:3-Situation konnten die Schwaben treffen. Im Schlussdrittel baute Guidarelli aber die Führung wieder aus und selbst nach dem unglücklichen Anschlusstreffer blieb der EHC die bessere Mannschaft und konnte sich zu Recht endlich wieder auf einen Sieg freuen.

Doch dann flog der Schläger – und die Punkte flossen dahin. Für die Statistik: Bietigheim gewann nach Penalty-Schießen 4:3. Doch das interessierte an diesem Abend keinen mehr in München. Denn Mannschaft und Anhänger haben sich endlich wieder lieb: Die Fans feierten ihre Mannschaft, Vollmer wurde mit Sprechchören bejubelt und die Spieler bedankten sich bei ihren Fans. Der Geist von München wehte durch die Halle. Euphorisch, aber mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch. Filippo Cataldo

Artikel vom 17.01.2006
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