Albrecht Ackerland über Vorsätze einen neuen König

»Da schau her«

Jetzt ist es also schon zweihundert Jahre her, dass Bayern seinen ersten König bekommen hat. Außerdem – Sie haben es sicher schon in der ersten Jahreswoche 175 Mal gehört – wurde der Welt vor nunmehr 250 Jahren ein Mozart geboren. Was lehrt uns das alles?

Gedenkjahre bringen uns unzählige verkitschte Fernsehdokus, Shows, Klimbim und Bumm-Bäng, man wird noch häufiger als sonst mit Pappsüßem genervt: Neuschwanstein und pistaziengefüllte Schokokugeln. Was lehren uns Gedenkjahre noch? Wenn es nicht zur vollendeten Süße reicht, heißt das noch lang nicht, dass es nicht bumm-bängt. Großen, wichtigen, klugen Menschen gilt es natürlich zu gedenken, aber ich frage mich schon, ob der Zirkus um Kant (2004) und Einstein (2005) irgendetwas gebracht hat. Gut – jeder Mülleimer hat jeweils vom „kategorischen Imparativ“ und von der „Krümmung des Raumes“ gefaselt.

Doch wer hat dank eines Specials in Presse, Funk oder Fernsehen endlich die jeweiligen Ideen bis zur Vollendung verstanden? Ich zumindest nicht. Wer schimpfen kann, der muss auch loben können. Also: Eine Ausgeburt des Mozartjahres ist das Hörbuch „Brandauer liest Mozart“. Und? Grandios, das! Großartige Unterhaltung, die bildet; spitzenmäßige Bildung, die unterhält. Ehrlich. Bliebe es jeweils bei einem solch ausgezeichneten Produkt – ich wäre der Erde größter Anhänger von Gedenkjahren.

Und das bayerische Königsjubiläum? Was bleibt? Eine Schneekugel mit Schloss Neuschwanstein? Ilse Neubauer liest Lola Montez? Was jedenfalls – wie zu jeder erdenklichen Gelegenheit – gerade ganz groß kommt, das ist die Forderung nach einem neuen König. Ich sag’s Ihnen: Ich bin dafür. Allerdings sollte den nicht das Haus Wittelsbach stellen - außer vielleicht Prinz Poldi, der kann wenigstens Bier brauen und schnell Auto fahren. Verglichen mit dem aktuellen sogenannten Landesvater ein gehöriger Fortschritt, denn der Poldi kann obendrein noch ganze und in sich stimmige Sätze bilden.

Mehr noch bin ich für einen König, der jeden einzelnen im Volk dazu bringt, über sich selbst nachzudenken, über das Miteinander, über seine Moralvorstellungen, sein Menschen- und Umweltbild. Ist das geschafft, dann sollte sich der König schleunigst deinstallieren und die Demokratie neustarten. Würde mich wirklich interessieren, wie dann die Verhältnisse im bayerischen Parlament wären.

Artikel vom 12.01.2006
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