Luca Cherubino über Königskinder

„Da schau her“

Über München herrschen, seit ich denken kann, Bürgerkönige. Unsere Monarchen kommen allerdings aus dem Volk. Unsere Herrscher identifizieren sich bedingungslos mit unserer Stadt und mit uns Bürgern. So wie Christian Ude es tut. Der Titel des Bürgerkönigs wird allerdings nicht automatisch mit der Wahl zum OB vergeben. Die OBs müssen sich diesen Titel erarbeiten.

Christian Ude hat das schon vor seiner Politikerkarriere getan, als er noch als Journalist und Rechtsanwalt gegen die horrenden Mietpreise in der Stadt und gegen Immobilen-Tycoons vorgegangen ist. Andere, wie Georg Kronawitter oder Hans-Jochen Vogel, haben den Titel erst während ihrer Amtsjahre bekommen.

Von einem Münchner Oberbürgermeister wird viel verlangt. Sie müssen volksnah, aber trotzdem intellektuell sein, müssen granteln können, aber auch hervorragende Rhetoriker sein, klare Prinzipien haben, auf keinen Fall gegen Homosexuelle sein und am besten auch umweltpolitisch Ahnung haben. In Schwabing zu leben wäre hilfreich, aber nicht notwendig. Sich in seinem Viertel auch mal im Milchladen blicken zu lassen, ist Bedingung.

Weil Christian Ude nun 2008 sein Amt abgeben möchte, müssen alle Parteien jetzt so schnell wie möglich Königsfindungskommissionen gründen. Denn in beiden Lagern gibt es fähige, integre und kluge Köpfe, die das Zeug zum OB hätten. Ein wirklicher Königsnachfolger unter diesen Königskindern scheint aber noch nicht wirklich dabei zu sein. Oder vielleicht doch?

Da gibt es etwa Axel Berg, den Gallier. Der einzige Genosse aus Bayern, der ein Direktmandat für den Bundestag ergattern konnte. Berg ist in Berlin längst kein Hinterbänkler mehr, ist noch nicht allzu alt, sieht gut aus, hat einen Doktor in Philosophie und ist recht beliebt. Aber: Können Sie sich einen Stuttgarter als OB der Stadt München vorstellen? Eben. Dann gäbe es noch Franz Maget, den Fahnenhalter der bayerischen SPD im Landtag. Maget ist integer, sympathisch, hat eine nette Familie, ist Münchner und kann gute Reden halten. Aber können Sie sich jemanden als OB vorstellen, der bisher jede Wahl im Land haushoch verloren hat? Eben.

Julian Nida-Rümelin? Zwar intellektuell, aber dass der „schöne Julian“ sich in ein Fußballstadion setzt und jubelt, ist unvorstellbar. Christine Strobl? Ist immerhin schon Bürgermeisterin, gilt aber auch schon seit mehr als einem Jahrzehnt als ewiges Talent. Nikolaus Gradl? Wohl noch einige Jahre zu jung. Helmut Schmidt? Zu alt. Hep Monatzeder? Charakterlich Christian Ude sehr ähnlich, macht sowohl im Stadion, als auch auf der Tanzfläche eine bella figura. Aber ein Grüner als OB?

Auch bei der CSU sieht es nicht besser aus: Die jungen, ehemaligen Hoffnungsträger wie Joachim Haedke oder Monika Hohlmeier haben ein bisschen zu viel geklüngelt und sich selbst disqualifiziert. Hans Podiuk? Siehe Franz Maget, hat auch mit dem Loser-Image zu kämpfen. Ottmar Bernhard? Immerhin jetzt Staatssekretär im Umweltministerium und Münchner CSU-Chef. Aber: Wer ist Ottmar Bernhard?

Sie sehen: Es ist ein Kreuz! Aber bis 2008 ist ja noch ein wenig Zeit, vorhandene Schwächen auszubügeln oder neue Kandidaten aus dem Hut zu zaubern. Oder King Ude macht es noch mal. Es gäbe Schlimmeres.

Artikel vom 01.12.2005
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