BA-Chef Kronawitter befürchtet Perspektivenlosigkeit in der Messestadt

Messestadt Riem · Sozialstrukturen im Bau

Hier, auf dem Rasen der Messestadt-Grundschule, können Jugendliche ebenso wenig sporteln wie auf der Baustelle des Berufschulzentrums.	 Foto: maho

Hier, auf dem Rasen der Messestadt-Grundschule, können Jugendliche ebenso wenig sporteln wie auf der Baustelle des Berufschulzentrums. Foto: maho

Messestadt Riem · »Die Messestadt hat Standortbedingungen, die man woanders mit der Lupe suchen muss«, lobte Georg Kronawitter (CSU), Vorsitzender des Bezirksausschusses Trudering-Riem (BA 15), bei der Bürgerversammlung am Mittwoch vergangener Woche in der Truderinger Turnhalle.

Doch Kronawitter wäre nicht Kronawitter, wenn er nur warme Worte für die Situation im Viertel übrig hätte: Der CSU-ler warf der Stadt vor, die soziale Integration in dem jungen Stadtteil zu vernachlässigen – und brachte damit ein Thema auf, das vor dem Hintergrund der Krawalle in Frankreich aktueller denn je ist.

Kronawitter befürchtet, dass die Messestadt sich ebenfalls zu einem Hort der Perspektivenlosigkeit entwickelt. Und tatsächlich bergen die Einwohnerstatistiken des Viertels eine gewisse soziale Sprengkraft: Der Anteil an Sozialhilfeempfängern ist doppelt so hoch wie im Münchner Durchschnitt, hier leben 3,5-mal so viele Wohngeldempfänger wie in anderen Vierteln.

Auch die Migrantenquote ist mit 35 Prozent überdurchschnittlich hoch. So steht es in der Untersuchung »Evaluierung der Messestadt Riem«, von der Stadt zur Halbzeit der Planungsphase des neuen Stadtteils in Auftrag gegeben und in diesem Jahr veröffentlicht. »Die Zahlen sind eine Konsequenz der umstrittenen Wohnungsquotierung in der Messestadt«, sagt Kronawitter. Diese sieht vor, dass 42 Prozent der Wohnungen einer einkommensorientierten Förderung unterliegen, 30 Prozent sind Miet- und Eigentumswohnungen nach dem München-Modell, die restlichen 28 Prozent frei finanzierte Eigentumswohnungen. Der Bezirksausschuss warf deshalb erst vor kurzem die Frage auf, ob es sinnvoll ist, diese Quotierung auch für die kommenden Wohnbauprojekte aufrecht zu erhalten.

Kronawitter hält es vor allem für gefährlich, dass die soziale Infrastruktur nicht in der gleichen Geschwindigkeit wächst wie die Einwohnerzahl der Messestadt. Der BA-Chef fordert deshalb von der Stadt verstärkte Anstrengungen vor allem bei der Sprachförderung in Schule und Kindergarten. Auch integrative Projekte an den Schulen stellte Kronawitter bei der Bürgerversammlung zur Diskussion. »Der Marsch in die Parallelgesellschaft lässt sich ohnehin nicht aufhalten«, orakelte der Stadtteilpolitiker pessimistisch. »Unsere Aufgabe aber ist, die Verbindungen zwischen den Parallelen herzustellen und aufrechtzuerhalten.«

Doch genau da hakt es seiner Ansicht nach. In der für Integration so wichtigen Sportvereinslandschaft etwa sehe es karg aus in der Messestadt. Wer zum Beispiel in einen Fußballclub will, müsse extra ins kilometerweit entfernte Dornach fahren. Doch an einen »FC Messestadt« sei so schnell nicht zu denken: Erst mit dem Berufsschulzentrum im Osten werde eine größere Heimstatt für die Sportvereine der Messestadt geschaffen. Dessen Fertigstellung wurde jedoch soeben auf Ostern 2007 verschoben. Kronawitter wünscht sich jetzt, dass die Sportanlage gesondert behandelt und früher fertig gestellt wird. »Ist aber leider nicht zu machen«, erklärt Sportamtssprecherin Edith Rubenbauer. Das Sportzentrum bleibt also zunächst eine Baustelle – ebenso wie das soziale Gefüge der Messestadt. Martin Hoffmann

Artikel vom 15.11.2005
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