Albrecht Ackerland über Vogelgrippe

„Da schau her“

Der Weihnachts- und Neujahrestrubel ist vorbei, wenn „Himmel und Huhn“ in die Kinos kommen. Man hatte sie endlich vergessen, mit all dem Trubel, mit all der Kauferei vor – und all der Umtauscherei nach Weihnachten. Man hatte sie vergessen mit all dem Geböllere und Gevöllere. Sie waren aus dem Sinn, wochenlang waren schließlich keine Zugvögel, sondern höchstens Rauschgoldengel über der Stadt.

Verloschen, die Angst vor der Vogelgrippe. So ist es wahrscheinlich ein geschickter Marketing-Streich, dass ausgerechnet im Januar „Himmel und Huhn“ erscheinen, da sich dann all der Trubel gesetzt hat. „Himmel und Huhn“ heißt der neueste Disney-Film. Er handelt von einem Dorf, in dem Fritz Vogelwitz das Sagen hat. „Fritz von Vogelwitz“, wie Christian Ude zu sagen pflegt, „soviel Zeit muss sein.“ So verlautete Udo kürzlich in einem Interview.

Ude und Disney? Ude, der mit seiner manchmal lautstarken Hintergründigkeit jeden feinsinnigen Witz niederscharrt – und Disneyfilme, die mit ihren lautstarken Witzen jede hintergründige Feinsinnigkeit abkratzen? Was geht da zusammen? Einiges! Zumindest erfüllen beide die Prädikate „niedlich“, „nett“ und „komisch“. Wenn auch manchmal unfreiwillig. „Komisch“ jedenfalls.

Einen ebenso geschickten Marketing-Streich wie den Erscheinungstermin vermutet man somit auch hinter der Sprecher-Besetzung von „Himmel und Huhn“: Ude, ja, Christian Ude spricht eine Figur. Verständlicherweise nicht irgendeine Figur, das wäre ja förmlich feinsinnig; nein, unser lieber OB spricht Bürgermeister Fritz Vogelwitz, nach Udes Gusto: „von Vogelwitz“.

Fritz Vogelwitz, oh, pardon, Fritz von Vogelwitz ist Truthahn und Bürgermeister. Christian Ude ist auch ein Roter, und Bürgermeister ist er ebenfalls. Vollkommen klar, wer somit eine solche Figur für den deutschen Sprachraum zu sprechen hat. Außerdem spricht der Bürgermeister von Amsterdam die holländische und der Bürgermeister von Rom die italienische Fassung des Streifens.

Doch warum der Bürgermeister von Rom? Amsterdam hat Möwen, und zwar nicht zu knapp, ein paar Tauben haben sie auch noch – wunderbarer Nährboden für die anflatternde Vogelgrippe. Aber Rom? Rom hat bekanntlich Katzen, und Katzen übertragen höchstens die Katzenpest. Die aber auch nur auf Katzen. Der Mensch in Rom aber? Fährt weiter Vespa!

Es drängt sich also dringlich die Frage auf, wofür Venedig dann noch Venedig ist, wenn der Bürgermeister der Lagunenstadt mit der Taubenplage Fritz Vogelwitz nicht sprechen darf. Eine Disney-Figur als letzten Gruß der wunderbaren Stadt quasi – denn Venedig wird sterben. Sterben am Zuviel des Wassers? Aber nein: an Vogelgrippe! Sie wissen schon, die Tauben.

Ach, ja: Was ist das gleich wieder für ein Geflügel, das da immer so schwarmweise am Marienplatz rumsitzt? Es muss die N1-Grippe sein, die diese Lücken ins Gedächtnis frisst... Und kein Mittel ist verfügbar – weder im OB-Büro, noch in den deutschen Disney-Studios.

Artikel vom 27.10.2005
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