Albrecht Ackerland über die Flüsterwiesn

„Da schau her“

Lange hat’s heuer gedauert. Am Dienstag war ich zum ersten Mal auf der Wiesn. Das ist eine Seltenheit, denn sonst bin ich eigentlich spätestens drei Stunden nach dem Anstich draußen. Heuer aber eben nicht, ich hatte einfach keine Lust.

Am Dienstagabend dann war ich so was von überrascht – ich sag’s Ihnen: der Dienstag kommt ganz groß. Genauso wie das Hacker-Zelt zum Kult zu werden scheint.

Alle Zelte waren offen, sogar die Haupteingänge, von denen ich eigentlich immer dachte, sie seien nur Attrappen. Nur das Hacker, das war zu – und zwar so was von zu, dass ich richtig Mühe hatte, reinzukommen. Aber Sie wissen es: ein Ackerland ist noch immer überall reingekommen, und wenn er durch die Küche muss. Bei meinen Lieblingsbedienungen Irmi und Bernadette angekommen, war ich dann so überrascht, dass ich für die erste Steh-Maß fast eine Stunde gebraucht habe: Es war nämlich so angenehm leise im Zelt und außerdem waren die Gänge zwischen den Tischen fast frei. Ich sag’s Ihnen: Ich bin der größte Befürworter des vom Stadtrat erlassenen Wiesn-Lärm-Verbots. Und ein noch größerer Befürworter bin ich von zugeschraubten Haupteingängen und harter Einlasspolitik. Das war am Dienstag der angenehmste Wiesnstart, den ich je hatte.

Weiter ging’s dann ins Schützenzelt, und auch dort nahm die Freude kein Ende. Es war Neun, und um diese Zeit ist normalerweise überall auf der Wiesn Highway-to-Hölle-Hölle-Uh-Ah-Ti-En-Ti angesagt. Im Schützenzelt aber: Blasmusik. Ganz einfach Blasmusik. Fast unverstärkt.

Mir kamen fast die Tränen, so schön war das. Wenn jetzt noch die Bierfass-Hüte verschwinden, dann ist die Wiesn wieder vollends meine Wiesn. Sie sagen, der Ackerland jammert immer mehr, und alt wird er auch? Ja, gut. Sie mögen Recht haben, aber wenn die Wiesn so Spaß macht wie letzten Dienstag, dann lass ich mich gern zum Jammerer machen. Und alt? Dann werd ich’s halt.

Artikel vom 22.09.2005
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