Albrecht Ackerland über das Wetter

„Da schau her“

Erinnern Sie sich noch an die Leitkultur-Diskussion vor ein paar Jahren? Rausgekommen ist da bis jetzt gar nix. Höchstens, dass der Begriff ein ganz großer Unsinn ist. Scheinbar aber haben die Menschen einfach ein bisserl länger gebraucht, um diesen Schmarrn zu verinnerlichen, denn plötzlich schaut es so aus, als ob es wirklich eine besondere Kultur gibt, die uns alle leitet: das Jammern.

Es ist wirklich zum Jammern, wie viel gejammert wird. Über alles. Wahrscheinlich ist die Jammerei einer der größten Gründe, warum nicht wirklich etwas voran geht in diesem Land. Man jammert lieber, als wirklich etwas zu tun.

Eines aber ist wirklich unbegreiflich: Warum wird in diesen Tagen so sehr über das Wetter gejammert? Gut, man kann es schlichtweg nicht ändern. Umso mehr aber wird geächzt, gestöhnt, gejault, geschimpft.

Einmal ist es viel zu heiß, am nächsten Tag tröpfelt es ein bisserl, und schon reden alle von einem verregneten Sommer. Ist der Himmel am übernächsten Tag wieder strahlend blau, und scheint die Sonne, wie sie halt – Gott sei Dank! – im Juli manchmal scheint, wähnt sich gleich jeder als Opfer einer nahenden Hitzewelle.

Genau die stöhnenden Menschen sind es, die in ein paar Wochen aus voller Kehle auf der Wiesn mitgrölen werden: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer, ein Sommer wie er früher einmal war?“, diese unsäglich-unzufriedene Jammer-Hymne.

Sowieso haben wir hier in München das beste Wetter auf der Welt – wir können im März schon manchmal unseren Kaffee im Freien trinken, haben den wunderbarsten Schnürlregen, den es gibt, unser Sommerregen riecht am besten, unser Herbst ist am buntesten, und unser Schnee ist...

Ach was: Ich kauf mir jetzt einen Hunderter-Pack Sonnenbrillen, verteil sie an jeden, der mich zunölt, egal ob es gerade wunderschön regnet oder ein bisserl runterbrennt. Denn noch immer gilt der Spruch: Es gib kein schlechtes Wetter, nur schlechte Sonnenbrillen!

Artikel vom 21.07.2005
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