Neue Studie im Schwabinger Forschungsinstitut

Schwabing · Gegen Diabetes bei Kindern

Diabetesspezialist Prof. Dr. Hellmut Mehnert. Foto: VA

Diabetesspezialist Prof. Dr. Hellmut Mehnert. Foto: VA

Schwabing · Die Zahl der Neuerkrankungen an jugendlichem Diabetes bei Kindern bis 14 Jahren erhöht sich jedes Jahr um 3–4 %, zurzeit erkranken jährlich 2000 Kinder neu an dieser Form der Zuckerkrankheit. Um dem epidemischen Anstieg der Erkrankungszahl etwas entgegensetzen zu können, startet in München eine neue Studie. Sie soll die Ursachen aufdecken, die neben genetischen Faktoren zu Typ 1 Diabetes führen.

Am Donnerstag, 28. April, wurde die internationale TEDDY-Studie am Institut für Diabetesforschung, Kölner Platz 1, erstmals in Deutschland vorgestellt.

Auf dem Podium stand neben der Leiterin des deutschen Studienteams, Prof. Dr. Anette Ziegler, der weltweit anerkannte Diabetesspezialist Prof. Dr. Hellmut Mehnert für Fragen zur Verfügung. Als Gast war der selbst an Typ 1 Diabetes erkrankte Thomas Fuchsberger, Sohn von Joachim »Blacky« Fuchsberger, zugegen, der die Studie unterstützt. Bisher müssen betroffene Kinder, wenn die Krankheit voll ausgebrochen ist, mehrmals täglich Insulin spritzen, und das ein Leben lang. Überraschen müsste die Autoimmunerkrankung Typ 1 Diabetes heute niemanden mehr: anhand einer Antikörperbestimmung im Blut kann sie vorhergesehen werden, lange bevor erste Symptome auftreten.

Das Immunsystem bildet Antikörper, also Abwehrstoffe, gegen Bestandteile der Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Das Abwehrsystem richtet sich damit statt gegen äußere Feinde, wie Bakterien oder Viren, aus ungeklärten Gründen gegen körpereigene Zellen und zerstört sie. Dadurch entsteht ein Insulinmangel, der den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt. Eine mögliche unmittelbare Folge ist ein diabetisches Koma. Auf lange Sicht kann es unter anderem zu Erkrankungen der Nerven, Nierenfunktionsstörungen und Durchblutungsstörungen kommen.

Im Rahmen der TEDDY Studie werden regelmäßig Blutproben der Studienkinder auf Antikörper untersucht. Dadurch soll verhindert werden, dass sich unbemerkt eine Autoimmunität entwickelt und der Typ 1 Diabetes überraschend ausbricht. Denn dabei kommt es häufig zu dramatischen Stoffwechselentgleisungen. Zudem können den Kindern so bei ersten Anzeichen einer Autoimmunreaktion Präventionstherapien angeboten werden, die die Weiterentwicklung zum Typ 1 Diabetes verhindern oder verzögern sollen.

»Die Fortschritte in der Früherkennung sind gewaltig«, so Prof. Dr. Hellmut Mehnert. »Heute kann man bereits eine genetische Präposition für Typ 1 Diabetes anhand einer Blutprobe bestimmen, Jahre bevor eine Autoimmunreaktion beginnt. Anhand der Antikörpertestung kann man die Autoimmunität feststellen, lange bevor es zur Manifestation eines Typ 1 Diabetes kommt.«

Als er 1967 in München die erste flächendeckende Diabetesfrüherfassung Deutschlands durchführte war man von den heutigen Möglichkeiten noch weit entfernt. Mit einem Urinzuckertest wurden damals 72 % der Münchner Bevölkerung auf einen unerkannten Diabetes untersucht und erfasst. Er zeigte sich erfreut, dass das Teddy Risiko-Screening wiederum flächendeckend insbesondere in München stattfinden soll und wünscht TEDDY eine ähnlich hohe Beteiligung.

Deutschlandweit kann jedes Neugeborene mitmachen, ob bisher Typ 1 Diabetes in der Famile aufgetreten ist oder nicht. Einzige Voraussetzung ist, dass das Kind beim Risiko-Screening nicht älter als drei Monate sein darf. Aus Gründen der leichteren Handhabbarkeit der Teilnehmerbetreuung ist jedoch insbesondere die Münchner Bevölkerung aufgerufen sich am Risiko-Screening zu beteiligen.

»Neben dem persönlichen Nutzen der Früherkennung, können Eltern so dazu beitragen, dass die Wissenschaft bedeutsame Erkenntnisse im Kampf gegen Typ 1 Diabetes erwirbt und in Zukunft vielen Menschen geholfen werden kann«, wirbt Prof. Ziegler. »90 % der Neuerkrankungen betreffen Familien, in denen bisher keine Typ 1 Diabetes Erkrankungen vorlag, es kann also jeden treffen. Typ 1 Diabetes als häufigste chronische Erkrankung bei Kindern geht daher alle an.«

Für nähere Informationen können Interessierte gebührenfrei unter 08 00/3 38 33 39 beim Institut für Diabetesforschung anrufen.

Artikel vom 02.06.2005
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