Zeitzeugen für TV-Dokumentation über den Bierbaron Joseph Schülein gesucht

Haidhausen/Berg am Laim · König von Haidhausen

Löwenbrauerei-Chef Hermann Schülein 1921 bei einer Betriebsführung mit der Gattin des bayerischen Kronprinzen Rupprecht. Vater Joseph (re.) hatte alles begründet. Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv, Münchner Stadtmuseum

Löwenbrauerei-Chef Hermann Schülein 1921 bei einer Betriebsführung mit der Gattin des bayerischen Kronprinzen Rupprecht. Vater Joseph (re.) hatte alles begründet. Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv, Münchner Stadtmuseum

Haidhausen/Berg am Laim · Er galt als der König von Haidhausen. Doch in seinen Adern floss weniger blaues, sondern, um im Bild zu bleiben, eher gerstengoldenes Blut. Joseph Schülein war Ende des 19. Jahrhunderts der unangefochtene Bierbaron in München und Haidhausen, wo sich rund um den Gasteig etliche Brauereien angesiedelt hatten. Daran erinnert bis heute das riesige Kellerlabyrinth innerhalb der Rosenheimer-, Wiener- und Einsteinstraße.

Speziell auf den Spuren der Unternehmerpersönlichkeit Schülein wollen nun zwei Münchner Dokumentarfilmer in die Gewölbe der Geschichte eintauchen. Denn obwohl Schülein samt Sohn gut ein halbes Jahrhundert das Münchner Wirtschaftsleben geprägt haben, handelt es sich, abgesehen von wenigen Beiträgen wie der von Hermann Wilhelm in seinem Haidhausen-Buch, um einen »fast vergessenen Aspekt der Stadtgeschichte«, sagt Tilman Leher, Initiator des Filmprojekts.

Diese Lücke möchte der 44-Jährige, der in Schwabing aufgewachsen ist und 23 Jahre in Haidhausen gelebt hat, füllen. Seit Wochen arbeitet er mit seinem Kollegen Richard Westermaier an einer TV-Dokumentation über Schülein. Der hatte aus dem Nichts ein großes Brauereiimperium geschaffen. 1895 hatte er die heruntergekommene Gambrinusbrauerei in Haidhausen gekauft und machte daraus die Unionsbrauerei in der Einsteinstraße. 1921 fusionierte er mit Münchens größter, aber bankrotter Brauerei und übernahm ihren Namen: Löwenbräu.

Doch neben Geschäftssinn besaß Schülein auch ein Herz für sozial Schwächere im damaligen Elendsviertel Haidhausen. Er förderte arbeitslose Familien, »machte jedes Jahr den Firmpaten für etwa 50 kleine Haidhauser und war als sozialer Arbeitgeber und für gute Arbeitsbedingungen bekannt, in einer Zeit, als das nicht selbstverständlich war«, hat Leher herausgefunden. Für seine TV-Dokumentation, die in einem halben Jahr fertig und dann im Fernsehen zu sehen sein soll, sucht Leher Patenkinder, deren Nachfahren und Münchner, die sich an Joseph Schülein oder seinen Sohn Hermann (1884-1970), Generaldirektor der Löwenbrauerei 1924-1933, erinnern können.

Joseph Schülein starb 1938 mit 74 Jahren auf seinem Alterssitz Schloss Kaltenberg, Sohn Hermann musste als Jude 1935 vor den Nazis fliehen. In New York gründete er die »Rheingold« Brauerei. Seiner Heimat blieb Schülein aber verbunden. Nach dem Krieg holte er junge bayerische Braumeister in die USA. Und er spendete großzügig für den Wiederaufbau Münchens und verzichtete auf Entschädigung für oder Rückgabe von enteigneten Grundstücken in Berg am Laim. Auch dafür interessiert sich Leher: Leben noch Erstbewohner der Häuser auf diesen Grundstücken, oder wissen deren Nachfahren etwas darüber? Wer hat Care-Pakete von Schülein aus den USA erhalten? Wer hat Fotos oder Patengeschenke? Zeitzeugen sollten sich so schnell als möglich bei Tilman Leher, Tel. 47 68 30, E-Mail: mail@tilmanleher.de melden. Michaela Schmid

Artikel vom 19.04.2005
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