Schlusspfiff für die Spiele im Olympiapark. Jetzt kommen Weib, Wein und Gesang

München · Der Fußball ist tot, es lebe der Football

Wird der Olympiapark eine Oase der Ruhe? Verwaist er, wenn am 14. Mai gegen 17.20 Uhr der endgültige Schlusspfiff für den Fußball ertönt, und Ballack und Kollegen samt ihren jährlich 1,7 Millionen Zuschauern gen Allianz-Arena marschieren? „Davon kann keine Rede sein!“, sagt Wilfrid Spronk.

„Davon kann keine Rede sein!“, sagt Wilfrid Spronk, Geschäftsführer der Olympiapark GmbH. „Wir bieten einen Haufen neuer Attraktionen, wegen denen viele Leute in den Park kommen werden.“ Dennoch könne König Fußball nicht ersetzt werden.

Aber: Der Fußball ist tot, es lebe der Football! Ab 2007 sollen Münchner Footballer über den heiligen Rasen stürmen – als Teil der NFL Europe, so der Plan. Derartige Teams werden von den Amerikanern bereits in Frankfurt, Düsseldorf und Berlin finanziert. Entschieden ist das noch nicht, aber „es sieht gut aus“, so Spronk.

Und auch im Winter wird es im Olympiapark künftig heißen: Es lebe der Sport! Am 2. und 3. Dezember diesen Jahres gastiert das weltgrößte Snowboard-Ereignis „Air on Style“ im Stadion. 2007 steigt, wenn alles gut geht, im Parkgelände ein Langlauf-Weltcup. Und der gemeine Skifahrer kann ab 2006 in der „Winterwelt“ künftig die Südkurve hinunterwedeln um anschließend im „Tal“ einen Jagertee zu kippen und die Schlittschuhe umzuschnallen „Die Winterlandschaft, die vergangenes Jahr im Park aufgebaut war, war nur ein kleiner Vorgeschmack auf die Zukunft. Es wird im Laufe der Jahre viel spektakulärer werden“, verspricht Spronk.

Einen besonderen Kick dürften auch Freizeit-Fußballer erfahren: In der Socca-Fiva-Arena des Eissportzentrums können fünf gegen fünf Spieler auf 30 mal 15 Meter großen Feldern spielen. In Kürze sollen zu den vier bisherigen Bolz-Plätzen zwei weitere dazu kommen.

Und Klettermaxen können sich künftig den Weg in die Alpen sparen – eine Fahrt mit der U3 bis zum Olympiapark reicht: Sie können bei der „Zeltdach-Tour“ die Gipfel des Stadiondaches erklimmen, und sich von dort auf den ehemals heiligen Rasen abseilen. Ferner soll heuer ein weiterer „Skytrail“ in der Stadion-Nordkurve unter dem Zeltdach entstehen, ebenso ein Hochseilgarten im Bereich der Tennisplätze und ein Höhenklettergarten in den Katakomben unter den Tribünen, wo bisher TV-Übertragungswagen platziert waren. Na denn: Hals- und Beinbruch!

Von den Bergen geht’s ins Meer: An Ostern 2006 soll im Park ein unterirdisches Sealife-Center eröffnet werden. Die privaten Betreiber versprechen „eine Reise von der Isar über die Donau ins Mittelmeer“: Mindestens ein Vertreter so ziemlich jeder Tierart heimischer Flüsse und des Mittelmeeres kreucht und fleucht dann über hunderte von Quadratmetern unter dem Olympiapark.

Flüssig geht es von 2. bis 5. Juni auch im Olympiastadion zu, wenn Markus Del Monego, deutscher Weltmeister der Sommeliers, auf der „Weinwelt“ die größte Weinprobe der Welt moderieren wird. Überhaupt versuchen die Betreiber des Olympiaparks verstärkt, Leute per Großveranstaltungen und Superlativen in den Park zu locken: Von 18. bis 29. Mai ist im Stadion Europas größte Leinwand aufgestellt, über die täglich Filmstars flimmern.

Wer trotzdem lieber Fußball als Filme sehen will, der muss sich bis zur WM gedulden: Auf Großleinwänden im Olympiapark sehen Fußballfreunde bei „Fan-Festen“ den Nationalhelden beim Kicken zu. Ein – übrigens kostenloses – Massenerlebnis für alle, die nicht live im Stadion dabei sein können. FC Bayern-Präsident Franz Beckenbauer dazu: „Wir haben jetzt zwei WM-Austragungsstätten: das Stadion und das offizielle Fan-Fest.“ Allerdings ist anzunehmen, dass der Kaiser selbst wohl eher in der VIP-Lounge Platz nimmt.

Rock im Park: Die Musik wird künftig einen noch höheren Stellenwert auf dem olympischen Gelände einnehmen. Am 9. Juli beispielsweise steigt erstmals ein Open-Air-Konzert auf dem Coubertinplatz mit den melancholischen Brit-Poppern von Coldplay. „Wenn beim Konzert alles gut läuft, dann hat München fortan eine Freiluftbühne mehr zu bieten“, so Spronk. Und nach wie vor lädt das Theatron-Festival von 1. bis 28. August zu kostenlosen Pop- und Rock-Konzerten auf der Seebühne des Olympiaparks ein.

Ebenso an Pfingsten, allerdings mit einem kleinen Wehrmutstropfen: Weil sich der Fußball am Pfingstsamstag mit einer Großveranstaltung aus dem Olympiapark verabschiedet, wurde Tag eins des dreitägigen Gratis-Events kurzerhand gestrichen, weil „das Theatron-Festival dann störe“, wie Theatron-Veranstalter Thomas Lechner bestürzt verkündete. Für Fans der Seebühne dürfte diese Entscheidung ein großer Verlust sein, denn dadurch platzt ein Auftritt von Slut, einer der erfolgreichsten deutschen Gitarren-Pop-Bands. „Das trifft vor allem Jugendliche, denen das Festival eine niveauvolle Gratisunterhaltung bietet“, sagt Lechner. „Und wir Organisatoren haben jede Menge Arbeit umsonst gemacht.“ Aber zurück zum Kommerz.

Wer’s klassisch mag, ist am 25. Juni bei „Turandot“, der größten Opernproduktion der Welt, gut aufgehoben: Hierfür wird eine 170 Meter breite und 43 Meter tiefe Bühne im Stadion aufgebaut.

Wer sich mehr für den „König der Löwen“ als für Puccini interessiert, den dürfte folgendes Gerücht interessieren: Angeblich soll ein Musical-Theater im Park eröffnen, betrieben von der Hamburger Stage Holding.

Auch die Direktoren des Rockmuseums im Olympiaturm wollen mehr und mehr zu Event-Veranstaltern werden: „Wir wollen keine Asche anbeten, wir wollen das Feuer des Rock’n’Roll weitergeben“, sagt Museumsdirektor Herbert Hauke, stolzer Besitzer von Europas größter Rock-Andenken-Sammlung, der plant, sein Museum auf die Olympiahalle auszuweiten.

Dort, wie auch auf dem Turm will er künftig jede Menge Shows veranstalten. Am 2. Juli beispielsweise wird unter dem Titel „Spirit in the Sky“ auf der offenen Aussichtsfläche des Turms gerockt. Hauke: „Die Freude an der Unterhose von Robbie Williams kann ich teilen, wichtiger ist uns aber, Rock’n’Roll live zu erleben. Es ist quirlig hier im Park!“ Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 14.04.2005
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