Albrecht Ackerland über Osterskandale

„Da schau her“

Das war früher noch was: Unsere Mutter färbte am Gründonnerstag heimlich die Ostereier. Das tat sie mit Kamillenblüten, Holundersaft und Spinat. Die durften wir dann am Sonntag suchen, als wir von der Osternacht kamen. Erst musste der Herr auferstehen, und dann durften wir Eier essen, dass es nur so stopfte.

Und heute? Ein Skandal jagt den nächsten, ganz Ostern ist zu einem einzigen Skandalgenerator für Schlagzeilen verkommen. „Darf man Jesus knutschend zeigen?“ hieß es allen Ernstes letzten Dienstag. Und sonst? Eier, Hasen, Eier, Hasen.

Die einen verfault, die anderen als Baumarkt-Mitbringsel. Allerdings: Das ganze Land jammert über Arbeitslose, aber dann wird geschimpft, dass Arbeit geschaffen wurde – durch die Umpackerei von Eiern und den angekurbelten Lebend-Karnickel-Verkauf für fünf Euro das Stück. „Leute, ihr sollt konsumieren!“, hieß es. Und dann? Konsumieren die Leute faule Eier und nehmen noch schnell ein Häschen mit weil’s grad im Angebot ist. Und wieder wird geschimpft. Dieses Mal vor allem Tierschützer. Im Grunde haben sie ja Recht: Fünf Euro für so ein possierliches Lebewesen ist schon sehr, sehr billig. Jedes mittelmäßige Huhn kostet mehr. Pro Kilo, wohlgemerkt! Trotzdem: Ein wenig nervt das ganze Gejammere schon.

Wenigstens schimpft nicht auch noch die Kirche, dass keiner mehr weiß, was Ostern eigentlich sei, nämlich das höchste aller christlichen Feste. Die beschäftigt momentan nämlich eher die Frage, ob der Papst die Ostermesse selber lesen kann, oder ob wir dieses Jahr auf den traditionellen Papst-Segen „Urbi et Orbi“ verzichten müssen.

Eines allerdings muss ich zugeben: Was Ostern mit hartgekochten Bunteiern und hartgebackenen zuckerbestäubten Lämmern zu tun hat, das verstand ich noch nie. Noch weniger verstehe ich, warum neuerdings der Osterhase nicht mehr in den Garten, sondern auf den Tisch kommt – als Hasenbraten.

Artikel vom 24.03.2005
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