Albrecht Ackerland über Fade Politik

„Da schau her“

Wenn Menschen die Langeweile packt, weil sie nichts zu tun haben, dann gibt es verschiedene Strategien, die Zeit totzuschlagen. Die einen machen dann einfach gar nix, so dass ihnen noch langweiliger wird. Sie glauben, irgendwann ist ihnen dermaßen langweilig, dass es schon wieder spannend wird. Die anderen suchen sich eine Beschäftigung.

So eine Beschäftigung kann durchaus mit eher wenig Sinn versehen sein – macht aber nichts, denn beschäftigt ist man ja trotzdem.

Auch im Leben von Politikern kommt so eine fade Zeit vor. Das passiert entweder, wenn man plötzlich nichts mehr zu sagen hat, oder einfach noch nicht in die Position gerückt ist, in der es was zu sagen gibt. Viele ambitionierte Menschen rücken ihr Leben lang nicht in solche Positionen, das ist für sie traurig, für die Beobachter aber unterhaltsam.

So geschehen mit der CSU-Stadträtin Evelyne Menges. Sie regt sich in einer Presseerklärung furchtbar darüber auf, dass kürzlich in einem ARD-Spielfilm Hundewelpen verlost wurden.

Jetzt könnte man abwinken mit dem Hinweis, dem Drehbuchautor war einfach zu langweilig und er wollte seine Geschichte mit lieben, glupschäugigen Fellbündeln aufpeppen.

Frau Menges kann das nicht so entspannt sehen, schließlich ist sie die Tierschutzbeauftragte der Münchner CSU. Ein verantwortungsvoller Posten: „Wir Menschen haben eine Verantwortung gegenüber unseren Mitgeschöpfen. Der Film Mama und der Millionär hat mit dieser peinlichen Szene nicht nur keine Aufklärung über das Schicksal vieler Tiere geleistet, sondern völlig unnötig einen weiten Rückschritt im Tierschutz gemacht. Von den Bavaria Film Studios als Produzent hätte man mehr Sensibilität erwarten dürfen.“

Deutlich mehr Verantwortung für unsere Mitgeschöpfe zeigt da der ehemalige CSU-Hoffnungsträger Christian Baretti. Einst war er beteiligt am gesetzeswidrigen Einkauf von neuen Parteimitgliedern – quasi das Gegenteil einer Tombola – was ihn seine CSU-Mitgliedschaft und beinahe den Stadtratssitz gekostet hat.

Dieser Stern am Himmel unserer liebenden Mitmenschen hat nun die Bewohner des Gnadenackers, einer Obdachlosen-Bauwagensiedlung nahe des BUGA-Geländes, in sein Herz geschlossen. Unbedingt überleben soll diese Form der Selbstrettung aus der Obdachlosigkeit – womit Baretti uneingeschränkt Recht hat. Trotzdem werfen sich Fragen auf: Ist seine Initiative der Langweile geschuldet? Ist das eine neue Form der Mitglieder-Werbung in bisher unangetasteten Milieus? Und: Ist die CSU drauf und dran, bald auch Hunde in die Partei aufzunehmen? Aus oppositioneller Langeweile und möglicherweise gar gegen Bezahlung?

Artikel vom 10.03.2005
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