Mit dem Schiff über die Belgradstraße: Der Türkengraben wird wiederentdeckt

Imaginäres Bauprojekt

Wenn der bayerische Kurfürst Max Emanuel sich vor 300 Jahren durchgesetzt hätte, würden in  München, wie hier am Kurfürstenplatz, Schiffe fahren statt Taxen und Trambahnen. 	Foto: fil

Wenn der bayerische Kurfürst Max Emanuel sich vor 300 Jahren durchgesetzt hätte, würden in München, wie hier am Kurfürstenplatz, Schiffe fahren statt Taxen und Trambahnen. Foto: fil

Maxvorstadt · Kaum zu glauben, aber wahr: Wenn sich vor rund dreihundert Jahren die Idee des damaligen Kurfürsten Max Emanuel durchgesetzt hätte, könnte man heute mit dem Schiff vom Odeonsplatz zum Schloss Schleißheim in Oberschleißheim fahren.

Tatsächlich wurde damals mit dem Bau des so genannten »Türkengraben« sogar begonnen. Vom heutigen Luitpoldpark bis zum Petuelring verlief ein breiter Kanal, der genug Raum für Schiffe hatte. 1811 wurden die Bauarbeiten dann endgültig eingestellt. Und weil es das Schicksal so oft mit vielen kühnen Bauvorhaben schlecht meint, geriet der Türkengraben bald in Vergessenheit.

München hat zwar die Isar, eine richtige Stadt am Wasser ist sie heute aber nicht. Einige wenige Spuren des Türkengrabens prägen auch heute noch das Stadtbild Schwabings und der Maxvorstadt. Wohl das auffälligste Zeugnis ist die heutige Belgradstraße, die dem damaligen Kanalverlauf folgte und deswegen heute noch einen so schiefen und beinahe chaotischen Straßenverlauf hat – als eine der wenigen Straßen im sonst so rechtwinklig angelegten Schwabing-West übrigens.

Weitere Zeugnisse des Türkengrabens lassen sich sonst noch in den Hofgartenarkaden und im Finanzgarten entdecken. Vielleicht wäre der Türkengraben ganz in Vergessenheit geraten, wenn man sich nicht im Rahmen der Bundesgartenschau 2005 (BUGA), die in gut 100 Tagen startet, an die alten Münchner Bäche und Kanäle erinnert hätte.

Der BUGA haben wir es also nicht nur zu verdanken, dass die Isar wieder ihrem ursprünglichen Flussbett folgt und die Bäche nördlich des Englischen Gartens wieder freigelegt wurden, sondern auch, dass der Türkengraben wieder in die Köpfe der Münchner Einzug finden soll.

Zu den größten Fans des Grabens gehören der Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt, Klaus Bäumler und Michael Stephan vom Bezirksausschuss Schwabing-West. Beide unterstützen deswegen vorbehaltlos das ehrgeizige Vorhaben des Schwabinger Künstlers Joachim Jung. Dieser möchte, wenn schon der Kanal nicht wieder zum Vorschein kommen kann, wenigstens zeigen, an welchen Stellen er verlief und wo heute möglicherweise Schiffe statt Autos und Trambahnen durch München fahren würden.

An markanten Stellen in den Stadtteilen Schwabing und Maxvorstadt sollen große Bautafeln aufgestellt werden, welche die Bevölkerung über das imaginäre aktuelle Bauprojekt »Türkengraben« informieren sollen. Diese sollen modernen Bautafeln ähneln, aber mit den historischen Texten versehen werden.

Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf rund 30.000 Euro. Zwar steht die Finanzierung noch auf recht wackligen Beinen, doch Klaus Bäumler versprach dem Künstler noch im Dezember, dass man das gemeinsam mit den anderen betroffenen Bezirksausschüssen schon hinkriegen werde. Schließlich könne durch das Vorhaben, argumentiert Bäumler, »die Aufmerksamkeit von der Bundesgartenschau auf die Innenstadt gelenkt werden und umgekehrt.« Filippo Cataldo

Artikel vom 20.01.2005
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