Der Party-Knaller „Ring the Alarm“ feiert Jubiläum

Brüder, zur Sonne

Hamburger Plattenkunst und Münchner Gesangstalent: „Silly Walks“ sind auch mit dabei im Backstage 	F: VA

Hamburger Plattenkunst und Münchner Gesangstalent: „Silly Walks“ sind auch mit dabei im Backstage F: VA

Es war zur Geburtszeit der Münchner Dancehall-Szene. Immer mehr lechzten nach frischer Musik aus Jamaika, nur wenige besaßen die neuen „Riddims“ und „Tunes“, hochwertige Reggae-Partys waren eine Seltenheit. Deutschlandweit gab es nur wenige Soundsystems. Das war vor acht, neun Jahren.

Heute sind in München unzählige Aktive hinter den Plattenspielern, Mixern und Mikrofonen am Werkeln und präsentieren die neuesten und heißesten Scheiben aus Kingston. Mindestens zehn solcher Soundsystems gibt es mittlerweile in der Stadt, was wohl auch an der wesentlich verbesserten Versorgung mit den originalen Vinyl-Singles aus der Karibikinsel liegt.

Sogar einen eigenen Reggae-Plattenladen gibt es mittlerweile – „Yardbeat“ an der Reichenbachstraße 40, nahe des Gärtnerplatzes.

Doch nicht nur die bessere Verfügbarkeit des schwarzen Karibik-Goldes ist der Grund für die weite Verbreitung von Dancehall und Reggae in der Stadt. Vor allem Wolfgang Torniport und Ralf Binder können sich getrost auf die Fahnen schreiben, dass sie die Keimzelle bildeten für diese heute so präsente Subkultur. Jahre zuvor schon veranstalteten die beiden Macher die längst legendär gewordene Clubnacht „Leddariddimhiddya“ im Café der Muffathalle.

Eigentlich ein HipHop-Abend, und doch wurden immer wieder auch DJs eingeladen, die den neuen, damals fast ungehörten und unerhört erfrischenden Style aus Jamaika präsentierten. Sporadisch wurde dann auch die Halle geöffnet und erste Vertreter der Soundsystemkultur in Deutschland eingeladen – „Pow Pow“, „Soundquake“ oder „Silly Walks“ kamen, und siehe da, auch das Partyvolk kam und feierte die „Riddims“ und „Vibes“. Sogar Gentleman – heute pilgern Zehntausende in ganz Europa zu den Konzerten des Kölners – präsentierte sich damals vor wenigen Hundert Fans. Auch das war vor acht, neun Jahren.

Die Macher Torniport und Binder rochen den Braten, das Potential. Etwas Großes, Regelmäßiges musste her. Schnell war das Backstage als Location gefunden, damals noch an der Donnersberger Brücke. Über Jahre wurde dort einmal im Monat an der Glocke geläutet, Hunderte ließen sich vom Reggae-Virus infizieren, in der Luft lag immer das Besondere, es wurden wilde Partys gefeiert. Ihr Name: „Ring the Alarm!“ Längst ist das Backstage an die Friedenheimer Brücke umgezogen, und „Ring the Alarm“ findet ob des Erfolgs jede Woche, jeden Freitag, statt und zieht Hunderte um Hunderte zu den Bässen.

Kommenden Freitag wird Siebenjähriges gefeiert mit treuen Wegbegleitern an den Reglern: „Silly Walks“ aus Hamburg, die wohl dienstältesten Vorantreiber des Dancehall in Deutschland, reisen an. Mit hinters Pult kommen auch zwei Münchner Ausnahmetalente: Die Gebrüder Andreas und Nils Leske, vielen bekannt als „Caramellow und Criminal“ haben soeben in Zusammenarbeit mit „Silly Walks“ ein Album herausgebracht, und werden sicherlich auch kommenden Freitag mit ihrem spanischen Gesang für Aufsehen und Aufhören sorgen. Vielleicht wird ja durch sie und durch die besondere Stimmung der Samen gelegt für die nächste Generation Begeisterter. Auf dass auch noch in sieben, vierzehn und einundzwanzig Jahren ordentlich für Reggae-Party-Alarm gesorgt wird. Von Albrecht Ackerland

Artikel vom 30.12.2004
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