Albrecht Ackerland über WG-Fasching

"Da schau her"

Drei Decken habe ich schon, in bester Schurwoll-Qualität. Was der Ackerland mit drei Decken will? Einen kleinen Winterharem aufmachen? Winter stimmt schon mal! Haben Sie es letzte Woche an dieser Stelle nicht gelesen? Ich muss von meinem geliebten Giesing wegziehen, obwohl mich keiner dazu zwingt. Außer ich selbst.

Freya heißt mein neuer Altbau-Etagen-Palast, und Luca heißt mein neuer Senioren-Wohnungs-Partner. Das konnten Sie letzte Woche schon an dieser Stelle lesen. Senior, das hört der Luca gar nicht gern. „Ein Italiener wird nie alt“, meint der Luca. Wenn er so was sagt, denkt er wahrscheinlich immer an Flavio Briatore, den Formel-1-Heini mit der Yacht. Der alte Flavio, denkt sich der Luca dann, hat schließlich auch die pneumatische Blonde mit dem 100-Millionen-Dollar-Hintern rumgekriegt, Heidi Klum, Sie wissen eh von wem die Rede ist.

Und wenn der Flavio das schafft, „dann schaff ich das leicht“, denkt sich der Luca. Trotzdem hab ich ihn noch nie in einem der bunten Knallblätter gesehen. Weder mit Heidi, noch mit Naomi. Noch nicht mal mit der letztjährigen badischen Weinkönigin oder der Holledauer Hopfenkönigin. Und auf einer Yacht in St. Tropez hab ich den sympathischen Senior Luca Cherubino auch noch nicht stehen sehen.

Das soll jetzt nicht heißen, dass der Luca nicht lebenslustig, temperamentvoll und adrett ist. Aber ich sag immer: Schuster bleib bei deinen Leisten. Böse Zungen könnten das jetzt weiterdrehen und sagen: Italiener bleib bei deiner Mama. Ich hab aber keine böse Zunge sondern eine rote, manchmal etwas belegte. Außerdem ist dem Luca seine Mama in Süditalien, da wo der Stiefel seinen Absatz hat. Dort lebt sie als ehrenvolle Nonna. Luca hingegen lebt als Ehrenmann (oder so etwas in der Art) in München.

Bald lebt er hier in München mit dem anderen Edelmann, mit mir. Und das, lieber Luca, wird kein Spaß, auch wenn es sicherlich sehr lustig wird in unserer Frühsenioren-WG. Den Vorschlag jedenfalls, wir sollten ein WG-Tagebuch im Apothekenmagazin veröffentlichen, den fand er gar nicht lustig. Er sagt immer:“Albrecht, in mir pulsiert’s!“

Aber sowenig wie ich den Luca jemals auf einer Yacht stehen sehen werde, soviel sehe ich ihn bald beim Weißeln. Sie konnten es lesen: Ihm passt das Grün im Gang von unserer Pracht-Freya nicht. Also gut, dann weißeln wir ihn halt. Obwohl doch das Grün so gut zum Fasching passt. Ein so ein schöner bunter Gang! So merkt man wenigstens, dass die narrische Zeit ist.

Mein Alter ist, wie das vom Luca, schon gut fortgeschritten, aber eins hab ich immer noch nicht raus: Was soll ich bloß vom Fasching halten? In gut drei Wochen ist er schon wieder vorbei, und ich kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, ob das jetzt „Gott sei Dank!“ so ist, oder eigentlich viel zu bald. Zwei Dinge jedenfalls weiß ich: Der Fasching ist kein Spaß, auch wenn er sehr lustig sein kann; und: Dem Luca geht der Fasching so dermaßen an der Yacht vorbei, dass man sich Sorgen um sein freudiges Naturell machen muss.

Wahrscheinlich aber hat er einfach einen besonders guten Humor. Trotzdem reicht der nicht für einen laubgrünen Flur. Ein bisschen Zeit haben wir noch bis zum Einzug, erst muss noch kräftig mit dem Vermieter verhandelt und geweißelt werden. Bevor das alles vorbei ist (der Fasching, die Verhandlungen und das Grün im Gang) werde ich den Luca aber noch meinem ultimativen Humor-Test unterziehen. Wenn wir schon so eine Halle von einem Wohnzimmer haben und die Schäffler nach sieben Jahren heuer wieder tanzen, so hab ich mir gedacht, dann gehört das zusammen. Ich hoffe, dass ich noch einen Termin bei denen krieg, weil das möchte ich mir nicht entgehen lassen: Ich dirigier im Wohnzimmer von unserer Freya die Schäffler, der Luca kommt vom weiße-Farbe-Kaufen und macht Augen wie Flavio Briatore, dem das Viagra verweigert wurde.

Artikel vom 30.12.2004
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