Albrecht Ackerland über Sylvester

"Da schau her"

Liebe Leser, hoffentlich hatten Sie ein so schönes Fest wie ich es hatte. Am Heiligen Abend habe ich mir meinen Bruder Albert, meinen Vater und meine Mutter kommen lassen. Es wurde auch langsam Zeit, dass wir Weihnachten einmal bei mir feiern.

Einen Christbaum gab’s, was meine Mutter zum Satz verleitete: „Mei Brechterl, dass ich das noch erleben darf – so einen schönen Baum in deiner Wohnung!“, und einen Punsch gab’s auch, was meinen Bruder Albert dazu brachte zu sagen: „Mei Brecht, wenigstens hast mit dem Rum nicht gespart!“.

Am Weihnachtstag dann ging es im Zug nach Wien. An fast schon kitschig verschneiten Landschaften sind wir da vorbeigefahren, und als wir das Kloster Melk hinter uns gelassen hatten, musste ich sogar fast weinen, so schön war das. Der Abend davor und dann die gemeinschaftliche Zugfahrt waren dermaßen idyllisch, dass wir nicht mal gestritten haben. Nein, kein bisschen.

Von Wien schreibe ich Ihnen jetzt auch. Hätte ich genügend Geld, ich würde jeden einzelnen in diese wunderschöne Stadt einladen. Ein bisserl was im Geldbeutel hab ich aber doch noch, und wen ich damit noch in diesem Jahr und gleich am Anfang vom neuen einlade, das weiß ich schon. Übermorgen nämlich fahre ich wieder nach München. So großartig die Donau auch ist, aber das ganze Verwandtschafts-Ding kann schnell ausarten.

Ich werde heim zu Ihnen nach München fahren, und schon ab Mittwoch den Josef suchen. Nein, nein, nicht den Josef von meinem Kripperl. Weil ein Kripperl hab ich gar keins. Der Josef, den ich mein, ist ein Wanderdichter – so nennt er sich selbst. Der Josef ist ein ganz lieber Kerl, er hat ein bisserl einen Schlag, was ihn noch sympathischer macht und einen langen Bart hat er auch. Josef hat keine Wohnung, manchmal wohnt er im Gartenhäusl von einem Rosenheimer Schreiner, aber das war’s auch schon mit Obdach. Ich bin mir aber sicher, dass er gerade in München ist. Dort werde ich ihn suchen. Und ihn dann einladen.

Am Freitag, an Sylvester, soll er zu mir kommen. Er soll sich baden, ich werde ihm extra ein eigenes Shampoo für seinen Bart besorgen. Dann soll er die neue Jeans und den neuen Pulli anziehen, die ich besorgt haben werde. Danach backen wir uns ein paar Schnitzerl raus, weil für Fondue oder so was werden wir keine Zeit haben. Die brauchen wir für die Kiste Champagner, die ich organisiert haben werde. Den mit dem orangenen Etikett mag ich am liebsten, und den kriegt der Josef auch kredenzt. Damit er mal sieht, wie schön ein Champagner-Rausch ist. Wenn wir mit der Kiste fertig sind, werden wir längst angefangen haben zu dichten. Wir, der Wanderdichter und der Lohnschreiber.

Das Ergebnis wird’s dann als Buch geben. Und ein Bestseller wird es auch werden. Aufschwung 2005! Und wenn’s nichts wird mit dem Buch, macht das auch nichts. Weil einen Spaß werden wir mit Sicherheit gehabt haben. Wir, der Wanderdichter, der Lohnschreiber und das noch junge Jahr 2005. Und Ihnen wünsch ich das natürlich auch – rutschen’S gut rein!

Artikel vom 27.12.2004
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