Münchner Eishockey-Jugend auf der verzweifelten Suche nach Spielmöglichkeiten

Unverständliche Vergabepraxis durch die Stadt

Sommertraining ist wichtig, aber es ersetzt nicht die fehlenden Eiszeiten.Foto: priv.

Sommertraining ist wichtig, aber es ersetzt nicht die fehlenden Eiszeiten.Foto: priv.

„Wir kommen uns schon ziemlich auf den Arm genommen vor,“ sagt Helmut Rothammer, Jugendleiter beim größten und erfolgreichsten hiesigen Eishockeyverein, dem EHC München. Rothammer ist ein Mann, den sonst wenig aus der Ruhe bringt, doch seit einigen Monaten treibt ihm die Stadtverwaltung den Ärger ins Gesicht.

Auf keinem Weg gelingt es ihm Eiszeiten – also freie Hallen bzw. freie Eisflächen – für seinen Nachwuchs zu bekommen. Denn obwohl die Sportförderung im Jugendbereich der Landeshauptstadt seit Jahren konstant bei rund 550.000 Euro jährlich liegt, wurden in diesem Jahr die von der Stadt subventionierten Eiszeiten stark gekürzt. Während den drei großen Münchner Eishockey-Vereinen mit Jugendabteilungen – EHC, ESC und M.E.K.J. – im vergangenen Jahr 23 Stunden für 40 Euro pro Stunde (statt der üblichen 200 Euro im Olympiaeisstadion) zur Verfügung standen, sind es heuer nur noch 18,25 Stunden. Am Beispiel EHC München heißt das konkret: Im vergangenen Jahr durften die damals fünf Nachwuchsmannschaften insgesamt 12 Stunden pro Woche auf dem Eis des Olympiaeisstadions und im Ostpark trainieren. Zwar war auch das nicht gerade üppig, wenn man bedenkt, dass sich insgesamt 140 Kinder und Jugendliche das Eis teilen mussten. „Doch das war immer noch besser als dieses Jahr“, meint Rothammer.

254 Kinder und Jugendliche spielen und trainieren dieses Jahr in insgesamt acht Nachwuchsteams des Vereins. Oder besser gesagt: Wollen spielen und trainieren. Denn die Stadt stellte lediglich 14 Stunden geförderte Eiszeit zur Verfügung. Das „reicht hinten und vorne nicht“, sagt der Nachwuchsleiter. Besonders unverständlich für Rothammer ist, dass „wir auf die freigewordenen Zeiten des ESC München nicht zurück greifen können.“ Der Hintergrund: Der ESC München hat, nachdem die meisten Jugendlichen zum EHC oder zum M.E.K.J. München abgewandert sind, für diese Saison alle Nachwuchsmannschaften vom Spielbetrieb abgemeldet.

„Dennoch bekommen die noch gut zwei Stunden Eiszeit“, erklärt Rothammer. „Im letzten Jahr hatten sie sogar neun Stunden. Doch statt die restlichen Stunden an uns abzugeben, wurden diese von der Stadt einfach weggekürzt“. „Stimmt nicht!“, erklärt dagegen Michael Asbeck vom Sportamt München. „Wir unterstützen ja nicht nur den EHC München und die anderen beiden größeren Eishockey-Vereine, sondern auch kleinere Freizeitsportvereine, die Jugendarbeit machen. Außerdem gibt es einfach nur zwei städtische Eisflächen, über die wir frei verfügen können. Das Prinzregentenstadion und die Olympia-Eishalle sind privatisiert.“ Doch Asbeck kann auch den Ärger der Vereine verstehen: „Natürlich leisten die Vereine einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Kindern und Jugendlichen, aber es gibt in diesem Jahr einfach nicht mehr Eiszeit für den Trainingsbetrieb.“

Dies liege etwa daran, dass sich im früheren Olympiaeislaufzelt mittlerweile die Hallenfußball-Area „Soccafive“ eingemietet hat. Deswegen würde der öffentliche Eislauf nun in der Eishalle stattfinden, so dass dort kein Spielraum mehr sei. „Darauf haben wir keinen Einfluss. Das ist Sache der Olympiapark GmbH“, erklärt Asbeck. Und auch dem Wunsch des EHC München, alternativ den öffentlichen Eislauf im Prinzregentenstadion zu kürzen, habe das Sportamt nicht entsprechen können: „Wir sind lange davon ausgegangen, dass das Eislaufzelt ab Oktober wieder zur Verfügung stehen würde. Leider wurde der Vertrag mit Soccafive sehr spät verlängert, so dass wir mit dem Prinzregentenstadion dann auch keine Lösung mehr finden konnten.“

Obwohl Rothammer akzeptieren kann, dass die Olympiapark GmbH gewinnorientiert arbeiten muss, so ganz glaubt er aber nicht daran, dass keine zusätzlichen Eiszeiten mehr geschaffen werden könnten: „ich weiß von mindestens einer Stunde im Olympiaeisstadion, wo weder Trainingsbetrieb, noch öffentlicher Eislaufbetrieb stattfindet. Wenigstens die könnte man uns noch geben.“

Auf diese Diskussion möchte sich Asbeck jedoch nicht einlassen: „Es ist ja nicht so, dass wir nur die Eiszeiten fördern. Wir fördern ja auch Lehrgänge und Ähnliches. So leid es mir tut, dieses Jahr sieht es für die Vereine ziemlich schlecht aus.“ Allerdings könnte das Problem bis zum nächsten Winter gelöst sein. Denn ob die Soccafive-Area auch im nächsten Jahr im Eislaufzelt beheimatet sein wird, ist noch nicht entschieden. Und manche Gerüchte aus dem Umfeld der Olympiapark-Gesellschaft sehen nach dem Ende des Fußballs gar das Olympiastadion als Eisarena.

So lange möchten Rothammer und die Fans des EHC München allerdings nicht warten: Damit der Nachwuchs schon in diesem Jahr öfter trainieren und die Kids somit noch besser werden können, startete der Verein zusammen mit den Fans eine Unterschriftenaktion für den Nachwuchs. Außerdem werden die Kinder beim Heimspiel der ersten Mannschaft gegen Riessersee am Sonntag, 7. 11. 2004, vor dem Einlauf der Mannschaften auf dem Eis sein und eine eigene Choreographie zeigen. Einlass im Olympiaeisstadion ist ab 17.00 Uhr und bis der Erstligist um 18.30 Uhr hoffentlich erfolgreich beginnt, werden die kleinen EHC-Eiskünstler die Zuschauer erfreuen. Dann zeigt sich wieder: Die Zukunft des Münchner Eishockeys hängt nicht nur vom Geld ab.

Artikel vom 04.11.2004
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